Freitag, 12. August 2016

InNoOr




InNoOr 

 Industrial Noise Orchestra

"NOISOMETER"

am 16.09.2016 um 20:00 Uhr
am 17.09.2016 um 19:30 Uhr
Festival "Asche zu Farbgut" 100 Jahre Gaswerk Augsburg
im großen Scheibengasbehälter ("Gaskessel") im Gaswerk Augsburg,
August-Wessels-Str. 30 a, 86156 Augsburg


"InNoOr"

am 07.10.2016 um 21.30 Uhr
Festival für improvisierte Musik Augsburg - FfiMA
Galerie Krüggling, Singerstraße 7, 86159 Augsburg




Kurzprofil



Kristin Bussmann                                Tuba

Simon Kotter                                       Bassposaune

Silvan Lackerschmid                           E-Gitarre

Christian Z. Müller                              Schrottperkussion, Fundobjekte, Elektronik

Friedemann von Rechenberg             Selbstbauinstrumentarium, Fundobjekte, Elektronik



Ausloten der Spektren Klangfarbe und Frequenz, Kombination akustischer, elektroakustischer und elektronischer Klänge, nicht ganz ernst gemeinte Neuinterpretation des Electronica-Genres „Drum and Bass“, bzw. des Rock-Genres „Heavy Metal“.



Harmonie, Melodie und Rhythmus treten in den Hintergrund zugunsten von Klangfarbe, Frequenz und Geräusch. Drone und Glitch, Noise und Ambient sind wesentliche Parameter. Wir erreichen diese Qualitäten durch Collagen tiefer Blechbläser-Sounds mit Schrott-Schlagwerk, amalgamiert durch E-Gitarre/E-Bass und elektronischen/elektroakustischen Effekten.





Weiterführende Beschreibung



Beim intensiven Studium verschiedenster Werke für kleinere und größere Ensembles fällt auf, dass die Klangfarbigkeit oft weit ausgeprägter ist, als bei großen Orchesterbesetzungen. Bei letzteren sind Instrumente mehrfach besetzt, was zwar zu einer Dynamikverstärkung führt, aber eher weniger zu einer ungewöhnlichen Klangfarbigkeit. Die Orchesterbesetzungen sind zudem relativ fix und werden meist nur im Schlagzeug variiert. Bei kleineren Ensembles finden sich jedoch immer häufiger auch Akkordeon, Saxophone, Gitarren und Elektronik besetzt, die im gängigen Symphonieorchester fehlen.

Ein zweites Merkmal der meisten symphonischen oder Ensemble-Musik ist seine Höhenlage weitgehend im Alt, wenn man von der Anzahl der in dieser Stimmlage verorteten Instrumente ausgeht.

Aber auch in der gängigen Popmusik stehen musikalische Themen sowieso gegenüber dem Gesang bzw. der Performance (Video) eher im Hintergrund, in der weniger bekannten gibt es doch auch spannendere Farben.


 



Die Atmosphäre des Gasometers besteht aus einem ein typischen Einmal-Echo mit Nachhall. Mit diesem Echo betreiben wir ein rhythmisches Frage-Antwort-Spiel, den Nachhall benutzen wir um unseren Drone-Sound zu verstärken. Wir improvisieren entweder auf der Plattform und das Publikum steht auf dem Ring-Umgang oder umgekehrt. (Die erste Variante ist aufbautechnisch praktischer, die zweite akustisch-räumlich spannender.) Die Besetzung verbindet Neue Musik mit Heavy Metal, Electronic Drones mit Blasorchestersound. Dabei entsteht völlig logisch über „Drum & Bass“ ein rundes Ganzes, eine Übersummativität.














Samstag, 21. Mai 2016

Theatermodern-Mai-2016_III






Kommentar zum Artikel „Ein Buch über gute Manieren täte not“ von Patrick Bahners in der FAZ vom 20.05.2016





Feuilletonkorrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Bahners positioniert sich gegen die Sanierung des Theaters Augsburg



Vorschusslorbeeren

Bahners' FAZ-Artikel bekränzt Herrn K. I., den Buchhändler, der angeblich „alle Aufgaben übernimmt, die im literarischen Leben der urbanen Provinz anfallen“ gleich einleitend mit derartigen Vorschusslorbeeren, dass man vor Ehrfurcht erstarrt.

Jedoch, in einer Stadt mit 280.000 Einwohnern, weiteren 120.000 Einwohnern in Randstädten, mit Universität und Fachhochschule, mit insgesamt etwa 20 Buchhandlungen (ohne Filialen), darunter z.B. auch die „Amazon“-Konkurrenz „Buch-7“, mit einem Brecht-Festival etc. etc. – in dieser Brecht-Stadt Augsburg phantasiert Herr I. gerne von jener Position des Literatur-Kümmerers und einzigen Brecht-Kenners.



„Wir da unten gegen die da oben“

Die Wertigkeit Brecht’scher Briefe ist unbestritten, doch wenn eine bestimmte Vulgarität bei Brecht hochgeschätzt werden, so muss auch der Buchhändler merken, dass eine gewisse brecht’sche Komödie stattfindet, wenn von Autonomen per Plakataktionen historische Vergleiche gezogen werden. Inwiefern im Wortlaut Herr I. mit Herrn Ulbricht verglichen wurde, kann man gerne googlen. Ein dickes Fell hat Herr I. ganz bestimmt nicht. Er fühlt sich aber ganz gut in der Rolle des armen, kleinen, untrigen Buchhändlers, der gegen die große, böse Obrigkeit anrennt.

Aber selbst, dass noch andere Autonome mit Filzstift „Theatermörder“ an sein Schaufenster geschrieben haben, was man nicht goutieren muss und wovon „theatermodern“ sich distanziert (hat), zeigt eher, wie krass die Vorstellung ankommt, wenn eine Großstadt (unter den größten 25 Deutschlands) in Gefahr kommt, KEIN Viersparten-Theater mehr bieten zu können. Das jedenfalls ist die Alternative zur Sanierung.



„Theatermodern“

Hinter „theatermodern“, oder für den Autor Patrick Bahners wahlweise auch „THEATERMODERN“, stehen keine „Widersacher“, sondern Unterstützer der von der Stadt Augsburg zusammen mit dem Theater sorgfältig geplanten Sanierung. Wir verstehen uns nicht als Contra, sondern als Pro, als Bürgerschaft für den nachhaltigen Fortbestand eines Vier-Sparten-Theaters für die Zukunft. Zählt man die „Hochgelehrten“ (wie einer der Gegner vom FAZ-Autor hofiert wird und eigentlich eine selten blöde Bezeichnung) auf Seiten der Sanierungsbefürworter, wird man dreistellige Ergebnisse bekommen.



Köln!?

Viel schlimmer ist jedoch wiegt der Vorwurf „Köln“. Dies bedarf einer genauen Darstellung, weil ich das selbst miterlebt habe, und gar Adressat bin:

Der kurz nach Bekanntwerden des Bürgerbegehrens von Theaterleuten und Sanierungsunterstützern organisierte Demonstrations-Zug endete an einem Samstag-nachmittag auf dem Platz vor einem Kaufhaus, wo sich auch Sanierungsgegner auf Stimmenfang befanden. Dort spielten dann die vier Hornisten des Philharmonische Orchesters Augsburg ein Ständchen. Bevor sich die Demo auflöste, gab es noch ein paar Diskussionsrunden zwischen Sanierungsgegnern und -befürwortern.

Konkret entstand auch ein Kreis aus ca. 7 Personen, darunter etwa 3 Theatermitglieder, die Sanierungsgegnerinnen Angelika Lippert und Petra Wengert (beide Partei Freie Wähler), sowie ich selbst und meine Frau. Wir diskutierten zwar den Umständen entsprechend emotional, versuchten aber Argumente zu widerlegen, was uns m. E. soweit gelang, dass die Gegnerinnen nicht alles parieren konnten und daher argumentativ ins Hintertreffen gerieten. Es ging u. a. darum, ob der Architekt nicht über einen Realisierungswettbewerb hätte gefunden werden können, anstatt über einen Vergabe-Wettbewerb. Oder darum, dass zuerst alle Schulen saniert werden müssten, bevor überhaupt 1 Euro fürs Theater ausgegeben werden soll. Der ebenfalls aufgestellte Vorwurf, dass sich Theaterangestellte nicht für das bzw. ihr Theater einsetzen dürfen, wurde als unhaltbar vermittelt.

Wie jedoch Frau Lippert (z.B. zwei Tage später bei einer unsäglichen Veranstaltung von attac-Augsburg) darauf kommt, sich wie in der Kölner Silvesternacht gefühlt zu haben, also mindestens unsittlich „begrapscht“ worden zu sein, können meine Frau und ich wie auch die anderen Mitdiskutanten nicht im Geringsten nachvollziehen. Ich versichere hiermit hoch und heilig, Frau Lippert nicht im Mindesten berührt oder gar die Hand zum Gruß gereicht sondern sie maximal angesehen und angesprochen zu haben, was meine Frau selbstverständlich bezeugen kann. Ob sie sich auch von Frauen sittlich belästigt fühlte?

Nein! Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Ich fordere Frau Lippert nach wie vor auf, sich für diese öffentliche Denunzierung meiner Person zu entschuldigen!

Dass aber ein Autor der angesehenen FAZ solche Informationen ungeprüft einfach so dahintextet, ist unerträglich. Man muss sich nicht wundern, wenn einem hierzu dann doch der Begriff „Lügenpresse“ einfällt, selbst wenn einem Pegida ferner als irgend etwas sonst liegt.

Überhaupt findet der Autor die fatalerweise treffenden Worte in Bezug auf die Sanierungsgegner: „Verschworene“, „Drohung“, „Superwaffe“. Genau so empfinden ganz viele Bürger, Theaterleute und Politiker die Art und Weise, wie hier beratungsresistent mit bislang noch immer unklaren Argumenten gegen die Sanierung gearbeitet wird. Da geht es nicht mehr um Manieren, sondern um verbale Abrüstung – auch beim Faz-Autor!



Investition

Aber nun endlich zum eigentlichen Thema, weil der Autor unfähig ist, wenigstens ein bisschen Licht in die Grundfrage des Bürgerbegehrens zu bringen: Sie bedeutet nämlich, dass bei einem NEIN die Stadt Augsburg sich nicht mit auch nur einem Euro (1,- €) für die Sanierung des Theaters verschulden darf. Da im regulären Haushalt keinerlei zusätzliche sondern nur Wartungs- und Instandhaltungs-Baumaßnahmen enthalten sind, muss sich die Stadt Augsburg für JEDE Sanierungs-Baumaßnahme am Theater verschulden. Die Konsequenz wäre, dass gar nicht gebaut bzw. saniert würde, und die Stadt Augsburg nur noch kleinere Schauspiele sowie Konzerte anbieten könnte, somit das Vier-Sparten-Theater tot wäre. Eine Provinzposse erster Sahne. Da möchte man die deutsche Presse dann hören.

Gerade weil aber so lange nichts gemacht wurde, und das Theater nun völlig überraschend für alle schon Ende der Saison 2016 schießen muss, besteht eklatante Sanierungsnotwendigkeit, und die Chance einmal in den Genuss einer Finanzspritze zu kommen, somit eine nachhaltige Investition in die Zukunft.

Da der Bayerische Staat der Stadt Augsburg 107 Mio € hierfür zur Verfügung stellt, reduzieren sich die von der Stadt zu tragenden Kosten auf ca. 90 Mio €, woraus sich für die steuerzahlende Augsburger Bevölkerung für bis ins Jahr 2036 eine Belastung von jährlich 25 (fünfundzwanzig) € errechnet. Die in diesem Zusammenhang erwähnte Verschuldung Augsburgs ist nicht außergewöhnlich. Die wichtigsten Rankings zu den unter ca. 100 kreisfreien Städten verorten die Stadt eher im unteren Mittelfeld.



„veraltetes“ Repertoire?

Die negative Haltung des in Oxford studierten Autors Patrick Bahners in Sachen Repertoire birgt Empörungspotenzial: Kann ein Repertoire „veraltet“ sein? Können Mozart, Beethoven und Wagner auf den Müll? Sind Meisterwerke der Bildenden Kunst, etwa von Rembrandt oder Picasso, von Semper oder Le Corbusier etc. irgendwann veraltet? Ist es nicht vielmehr so, dass, je weiter die Geschichte zurückliegt, der gesamtgesellschaftliche Wert der Kunst sogar steigt? Auch, was „kulturelle Besitzstände“ sein sollen, erklärt der Autor nicht. Kann man Kultur „besitzen“? Man kann eine Trompete besitzen und vielleicht auch darauf spielen, man kann Bilder, Bücher, Skulpturen, Schlösser, alte Aufnahmen auf Schallplatten besitzen, aber „Kultur “? Falls der Autor drauf hinaus will, dass die pelztragenden Besitzständler gerne ihre Robe ausführen und in den Pausen zum „weißem Rössl“ Sekt schlürfen, dann dürfte das eine aussterbende Minderheit sein – jedenfalls was den Pelz betrifft, denn auch die im Theater stark vertretene Jugend genießt von Zeit zu Zeit den Kontrast zum Diskothekengehopse, und schlürft dann auch Prosecco.

Das Theater Augsburg ist in allen inhaltlichen Themen engagiert. Es betreut selbstverständlich dem Bildungsauftrag gerecht werdend, zum Einen das klassische, aber zum Zweiten auch das avantgardistisch-moderne Repertoire, wie an der herausragenden Inszenierung von Luigi Nonos „Intolleranza 1960“ zu belegen ist. Und die dritte Linie ist die Präsentation aktuellster Produktionen, teilweise auch mit externen Darstellern aus der Stadtgesellschaft.



Kultur als vierte Dimension nachhaltigen Handelns

Angesichts des Kulturverfalls (siehe AfD, Pegida, etc.) wäre die Unantastbarkeit der Kultur wünschenswert. Jedenfalls ist es leider so, dass die sogenannten weichen Faktoren Soziales, Umwelt, Bildung und Kultur um Finanzmittel kämpfen. Augsburg hat sich in einer einjährigen Nachhaltigkeitsdebatte über seine Lokale Agenda neben den Dimensionen Ökologie, Soziales und Ökonomie die vierte Dimension Kultur verschrieben, weil nachhaltiges Denken, Leben und Handeln nur läuft, wenn alle Aspekte des Menschen und seiner Umwelt Eingang finden. Das ist die eigentlich relevante „Initiative kulturelle Stadtentwicklung“ (wie sich die Bürgerbegehren-Initiatoren nennen) im Gegensatz zum destruktiven Bürgerbegehrensinhalt, das gar nicht auf Kultur bzw. Kunst eingeht.

Augsburg jedenfalls hat erkannt, dass das Weglassen einer Dimension auch die anderen schwächt. Wird also an der Kultur gespart, ist das in Bildungskreisen gar nicht vermittelbar, verroht der soziale Aspekt und wird in letzter Konsequenz der Umweltschutz irrelevant, weil es keinen Grund gibt, die zusehends kulturlose Menschheit zu erhalten. Soweit ist es in Augsburg noch lange nicht.



Partizipation

Nicht erst mit der Bürgerbeteiligungswerkstatt konnte man sich zum Theater äußern, sondern prinzipiell schon immer und tatsächlich gab es auch 2014 schon, allerdings mäßig besuchte, runde Tische zur inhaltlichen Ausrichtung des Theaters.

Der Beteiligungsprozess war ein Erfolg, was das Interesse und die Breite der Besucher anlangt. Die Kritiker waren ebenfalls zugegen, blieben aber stille Beobachter, als ginge sie das Treiben nichts an.

Was die Kritiker am Beteiligungsprozess gestört hat, war die Tatsache, dass die notwendigen baulichen Maßnahmen, um hinterher wieder ein Vier-Sparten-Theater zu haben, nicht verhandelbar waren. Es ist auch nicht einfach, einem breiten Publikum zu vermitteln, wie beim Bauen im Bestand die Umsetzung von Brandschutz, Barrierefreiheit, Hygiene, Denkmalschutz, Bühnentechnik, Akustik, Versorgungstechnik, Arbeitsschutz, Raumbedarf, Beleuchtung, etc. funktioniert. Die Komplexität einer Planungsaufgabe ist mittels Bürgerwerkstatt nicht zu erfassen und nicht zu bearbeiten.



Unklare und unvereinbare Ideen

Keiner der sechs Bürgerbegehrens-Initiatoren bringt schlagende Argumente. Herr I. sagt, es ist zu teuer, kommt aber nur mit der Forderung, man müsse aus München noch mehr Geld verlangen. Dabei kann man davon ausgehen, dass OB Dr. Gribl, als Stellvertreter des CSU-Chefs Seehofer wahrscheinlich der Einzige auf lange Zeit ist, der je überhaupt so viel Geld in die drittgrößte Stadt Bayerns abzweigen konnte. „Theatermodern“ jedenfalls liegen Texte der Sanierungsgegner vor, aus denen manche Information wie folgt hervorgeht: Herr Bommas spricht von einem Theater, das ausschließlich aktuelle soziale Themen bearbeiten soll, also Sozialintegration betreiben soll. Das ist aber nicht die vorderste Aufgabe des Theaters. Hierzu gibt es zunächst Bildungsinstitute. Integration, wie sie angesichts der Flüchtlingskrise notwendig wird, ist nicht allein und zuerst Aufgabe der Kultur- bzw. Kunstinstitutionen. Sie stehen im Rahmen der Bildungsprogramme aber bereit, wie auch Museen, Bibliotheken, Sportstätten.

Dr. Gier schreibt über den En-Suite- oder Semi-Stagione-Betrieb, ein Theatermodell, das den Vorstellungen der Integration von migrantischen Laiendarstellern a la Bommas eklatant widerspricht, weil der Zugriff auf das Theater dann von ökonomischen Zwängen abhängt.

Ja, und was Frau Lippert eigentlich will, außer Andersdenkende mit Köln-Sexismus-Vergleichen zu denunzieren, konnten wir bis heute nicht eruieren. Ein Buch „über gute Manieren“ unter ihrem Kopfkissen könnte helfen.

Und noch eine Empfehlung an den FAZ-Autor Patrick Bahners: Informieren Sie sich zuerst bei allen Beteiligten, bevor sie einseitig Partei ergreifen, wie im vorliegenden Fall. Das ist unterste Schublade von Journalismus.



Christian Z. Müller, Augsburg, 21.05.2016

Samstag, 14. Mai 2016

Theatermodern-Mai-2016_II


















Theater als Gesamtkunstwerk


Gebäude / Architektur
·       Sanierungsstau: Brandschutz, Barrierefreiheit, Hygiene, Platznot, hohe Betriebskosten, Mieten, Transportkosten
·       Denkmalschutz, Bestandsschutz. Veränderung hinsichtlich Gebrauchstauglichkeit. möglichst flexibles Haus
·       wer bestimmt, ob und wie saniert wird? Stadtrat
·       Wer eruiert, wie saniert und neugebaut wird? Architekt und Fachplaner zusammen mit Nutzer und Bauherr. Planung nicht ziellos sondern gemäß Leistungsphasen
Standort / Lage
·       Fixer Standort im denkmalgeschützten Bauwerk im Zentrum der Stadt.
·       Per ÖPNV erreichbar
·       Standortfaktor urban / pekuniär
Geld + Wert
·       wer entscheidet, wofür Geld ausgegeben wird? Stadtrat, Plebiszitäre Eingriffe in den Haushalt sind unzulässig
·       Investition geht nicht ohne Kredite; enorm hohe Zuschüsse, muss ansonsten neu verhandelt werden?
·       Nicht kulturwirtschaftlich, konsumistisch, marktorientiert !!!
wer sind die Akteure?
·       wer bestimmt über Nutzung, Nutzergruppen, Zugänglichkeit? Qualität entscheidet. Bewerbung. wer in Person darf spielen? wer entscheidet das? Intendanz, GMD
·       Transparenz, Partizipation.
·       Intendant sollte Position im Kulturbeirat haben.
wer ist das Publikum?
·       Für wen wird gespielt? Für alle. Vergünstigte und Gratiskarten. Partizipation. Barrierefreiheit. Wer organisiert das? Intendanz + kaufmännische Leitung
welche Inhalte, welche Themen werden verhandelt? Qualität der Kunst
·       welche nicht? Wer entscheidet das? die Gesellschaft? ein Plebiszit? Brauchen wir Bürgerentscheide darüber, was gespielt wird? Intendanz
·       wer entscheidet, was (gute) Kunst ist?
·       alle Themen der Vergangenheit, Gegenwart und möglichen Zukunft. Alle Formen klassisch-historischer, modern-avantgardistischer, visionär-experimenteller Kunst mit Schnittmengen zu populärer Kunst und zum Unterhaltungsgenre.
·       Alle wesentlichen, in Theaterkreisen national bis weltweit diskutierten Einflüsse und Strömungen werden wahrgenommen und ggf. übernommen.
mit welchen Kunstformen wird Kunst gemacht?
·       Sparten? Darstellende Künste => Sparten => Raumbedarf
·       Wort + Ton + Bild + Bewegung => Sprache + Musik + Tanz => Gesamtkunstwerk
·       Tontechnik/Elektronik + Lichttechnik + Bühnentechnik/Kinetik/Robotik
·       kann man was weglassen? Wer entscheidet darüber, was weggelassen wird? Intendanz
Welche Aufgabe und welchen Effekt hat Theater?
·       Menschen, Live, Inhalte, Kultur, Erlebnis, Bedeutung für die Stadtgesellschaft, Relevanz
·       Bildungsinhalt, Vermittlung, Tradition, Geschichte
·       Wahrnehmung nach außen, Image, Strahlkraft,
·       wer entscheidet hierüber? Gesellschaftsvertrag – Demokratie - Kunstkanon



“Das Theater muss aufpassen, dass es nicht mit der kleinen Oberschicht des traditionellen Bürgertums zusammen ausstirbt“
Meinhard Motzko im DAZ-Interview über die Zukunft des Theaters
Vorausgenommen: Das Theater ist beliebt wie nie... !

Kommentar
Christian Z. Müller
Meinhard Motzko ist Sozialwissenschaftler, lebt in Bremen und begleitet seit 1985 öffentliche Einrichtungen bei der Konzept- und Organisationsentwicklung. Ein Schwerpunkt seiner Aktivitäten ist die interkulturelle Ausrichtung von Kultureinrichtungen aller Art.

Einzelne Projekte führten ihn neben dem gesamten deutschsprachigen Bereich bis in die Nachfolgestaaten der Sowjetunion, Zentralasien und China.
Nachfolgestaaten der Sowjetunion und China: Herr Motzko hat anscheinend eine Vorliebe für ehemals realsozialistische kommunistische Diktaturen. Und: entweder man dort hat nicht viel gelernt von Motzkos „interkultureller Ausrichtung“ oder seine Vorstellungen passen zu den dortigen Vorstellungen von Kultur
Motzko hat große Erfahrung bezüglich Zielvorgaben im subventionierten Theaterbereich. „Eine schonungslose Analyse der Einnahmenseite und der Kostentreiber“, so Meinhard Motzko auf die Frage, was zuerst geschehen müsse, damit das Augsburger Stadttheater innerhalb seines Budgetrahmens zu wirtschaften in der Lage ist. Das gekürzte Interview erscheint mit der heutigen Ausgabe aus aktuellem Anlass zum zweiten Mal.
M. hat große Erfahrungen. Aha. und das geht schon gleich mal los mit „wirtschaften“. Spielverderber!
DAZ: Herr Motzko, was würden Sie zuerst tun, wenn Sie von der Stadt Augsburg den Auftrag bekämen, das städtische Theater dazu zu bringen, im Rahmen seines Budgets zu bleiben?
Motzko: Ohne den Einblick in die Hintergründe der Kostensituation des Theaters kann ich da nur relativ allgemein antworten: Als Erstes muss sicher ein “Kassensturz” her. Damit meine ich nicht die “Kasse” als solches, sondern eine schonungslose Analyse der Einnahmeseite und der Kostentreiber. Wenn zirka 17 Millionen Euro für das Personal aufgewendet werden und “nur” ca. 2 Millionen Euro für die Inszenierungen und den Spielbetrieb, frage ich mich schon, ob da nicht ein “öffentlicher Beamtenbetrieb” entstanden ist. Mit allen Folgen für die Kostenentwicklung, die wir aus diversen Verwaltungen kennen. Unabhängig von den Gründen für diese sicherlich langjährige Entwicklung könnte man ja mal überlegen, die Organisationsform des Theaters zu überdenken.
Man sollte mal der Feuerwehr, dem Klinikum oder den Grundschulen einen Kassensturz empfehlen. Denn die „wirtschaften“ vielleicht nicht richtig?

Komischerweise wird ausgerechnet den Kultureinrichtungen, die absichtlich kommunal betrieben werden, damit sie nicht kulturwirtschaftlich agieren müssen, und sich soweit möglich, der freien Kunst widmen können, die finanzielle Unabhängigkeit als Fehler angelastet.
DAZ: Klingt ein bisschen sehr allgemein. Das Stadttheater Augsburg ist ein städtischer Eigenbetrieb, dessen Rahmenbedingungen quer durch den Stadtrat noch als unantastbar gelten.
Motzko: Ich kenne die formale Konstruktion des “Eigenbetriebs” der Stadt Augsburg zu wenig, aber ich habe die Vermutung, dass hier Rahmenbedingungen gelten, die das Theater beispielsweise an Tarifverträge des öffentlichen Dienstes, unflexiblen Arbeitszeitregelungen und vermutlich auch teure Altersteilzeitregelungen binden, die einem innovativen Kulturbetrieb entgegenstehen.
DAZ: Das ist wohl die Realität, die vom Personalrat verteidigt und wie ein wertvoller Schatz gehütet wird.
Motzko: Mag sein, aber nach meiner Kenntnis gehören die Schauspieler an Theatern oft zu den am schlechtesten bezahlten Personen mit den am schlechtesten abgesicherten Verträgen.
DAZ: Damit liegen Sie wohl auch richtig.
Motzko: Das kann doch nicht sein: Die Garanten der künstlerischen Ausdrucksformen werden schlechter gestellt als das “Backline-Personal”. Ich kenne kaum ein Theater, das nicht über diese unflexiblen Zwänge, vor allem für das “Backline-Personal” stöhnt. Vielleicht muss man das Theater erst mal aus diesem Korsett befreien und dann mit einem Festbetragszuschuss ausstatten, mit dem das Theater dann auch auskommen muss. Das kann das Theater aber sicher nur, wenn es bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen mehr Freiheit erhält.
Tarifverträge, Arbeitszeitregelungen, blabla. Es geht um Kunst, und ihre Machbarkeit. Natürlich sollen Künstler adäquat entlohnt werden, aber auch ihr Arbeitsumfeld muss passen.















DAZ: Können Sie das konkretisieren?
Motzko: Das könnte die Auslagerung ganzer Bereiche sein, der “Einkauf” von Fremdleistungen bis hin zu ganzen Produktionen und vor allem eine andere interne Organisation der Betriebsabläufe. Wenn eine Produktion geplant wird, muss man der Dramaturgie und der Regie vor Beginn der jeweiligen Produktion sagen können, wie viele Stunden Licht, Bühnentechnik, Requisite, usw. für die jeweilige Produktion zur Verfügung stehen.
Ausgerechnet ein Sozialwissenschaftler will einem kommunalen Betrieb Betriebswirtschaft vorrechnen. Der Einlauf von Fremdleistungen geschieht in Maßen, der Einkauf von ganzen Produktionen widerspricht eklatant dem Wunsch der stärkeren Durchmischung mit und Integration von Laiendarstellern und Professionellen.
DAZ: Wie beim Film. Dagegen wird jede Intendanz Sturm laufen und die Freiheit der Kunst voranstellen.
Motzko: Film ist auch Kunst. Und das Theater sollte auch mit einem wöchentlichen Controlling klarkommen, solange es vom Steuerzahler finanziert wird. Wer dann mit der kalkulierten Zeit nicht auskommt, wird vom Spielplan genommen. Das passiert dann vielleicht ein oder zwei Mal, dann wird das eine “erzieherische Wirkung” haben. Das geht heute sogar in Theatern computergestützt. Fragen Sie mal im größten Haus in NRW nach, dem Schauspielhaus Düsseldorf. Dort steuert der geschäftsführende Direktor Manfred Weber, ein Mann mit umfangreicher Dramaturgie- und Intendanz-Erfahrung, nach solchen Grundsätzen das Personaleinsatzmanagement in seinem Haus.
Wieso wie beim Film? Woher nimmt der Herr DAZ die Gewissheit, dass „beim Film“ z.B. Licht rationiert ist? Wer man hört, wie viele Millionen so mancher Film kostet, spielt Geld überhaupt keine Rolle. Ausgerechnet die Filmindustrie (sic!) ist nicht mit dem Stadttheater vergleichbar.
Steuerzahler. Der finanziert vieles, das er persönlich nicht braucht. unser demokratischer Gesellschaftsvertrag bedeutet aber, dass einer für alle und alle für einen einstehen, vulgo „zahlen“.
Das größte Haus in NRW ist nur ein Schauspielhaus? Was ist dann mit den Drei- und Vier-Sparten-Theatern in NRW?
DAZ: Das hört sich sehr betriebswirtschaftlich an. Wie würden Sie vorgehen, wenn Sie den Auftrag erhielten, die Zukunft des Augsburger Theaters langfristig zu sichern?
Motzko: Das ist zu allgemein gefragt. Einen solchen Auftrag kann es nicht geben. Was ist “langfristige Zukunft”?
langfristige Zukunft? Das ist z.B. Nachhaltigkeit!
DAZ: Ein neues Publikum. Ein jüngeres Publikum fürs Theater begeistern und gewinnen. Aber gut, ich formuliere die Frage anders: Was muss die Stadt Augsburg Ihrer Ansicht nach tun, um den Fortbestand ihres Theaters langfristig zu sichern?

Das neue Publikum ist längst fürs Theater begeistert Trotz miserablem Bildungssystem konnte im Fach Deutsch und in Neigungsgruppen „Theater“ gespielt werden, was die Schüler auch dem Theater zuschiebt.
Motzko: Die Stadt als Träger muss Zielvorstellungen entwickeln, in welcher Weise das Theater die Stadtentwicklung mit befördern kann. Das Theater braucht einen Auftrag. Es gibt kaum einen anderen öffentlichen Förderbereich, der so wenig inhaltlich wie kostenmäßig gesteuert wird wie Theater, Opern und Musikhäuser aller Art. Zur Definition eines solchen Auftrags muss es eine breite gesellschaftliche Diskussion in der Stadt geben, an der neben den künstlerischen Einrichtungen auch die Stadtplanung, der Bildungs- und Sozialbereich, die Arbeitsmarktpolitik, undsoweiter beteiligt wird. Und natürlich die breite Bürgerschaft der Stadt, auch wenn die meistens nicht organisiert ist.
“Theater muss die Zukunft einer Stadt thematisieren”
Theater KANN die Zukunft einer Stadt thematisieren. Von müssen kann nicht die Rede sein. Ein Theater ist zunächst unabhängig, wird sich aber tatsächlich mit aktuellen, lokalen, urbanen, avantgardistischen und popkulturellen Stoffen befassen. Aber es wird auch Bildungsauftrag erfüllen und Repertoire lebendig halten.
Jedenfalls ist es ja gerade gut, wenn Theater inhaltlich NICHT gesteuert werden, um die Freiheit der Kunst nicht irgendwelchen wirtschaftlichen oder politischen Zwecken  zu unterjochen. Motzko hat m.E. mehr Ideen aus der Sowjetunion und China mitgebracht, als er dort hinterlassen konnte.
DAZ: Wer soll diesen Diskurs, diese Debatte befeuern und führen? Die Politik?
Motzko: Auch. Aber das Theater muss damit anfangen, was zu selten geschieht. Wenn ein Theater in ständigem Dialog wenigstens mit den größten Bevölkerungsgruppen verankert ist, wird es bestimmt immer kontroverse Diskussionen über die jeweiligen künstlerischen Ausdrucksformen geben, aber nicht eine Diskussion über die Existenz eines Theaters. Theater muss die Zukunft einer Stadt thematisieren, Visionen von den Formen des Zusammenlebens und der Organisation ziviler Formen des urbanen Lebens.
Man kann das Theater nicht zu irgendwelchen Absichten zwingen. Aber in der Realität agiert das Theater und seine Mitwirkenden als Teil des urbanen Lebens.
DAZ: Das Theater müsste sich demnach auch selbst zum Thema machen, sich selbst hinterfragen?
Motzko: Selbstverständlich gehört es auch dazu, dass das Theater selbst Interesse daran haben muss, die Struktur seiner Verankerung ständig zu überprüfen. Dazu gehört, zu allererst die Struktur des eigenen Publikums zu kennen und mit der Bevölkerungsstruktur im Einzugsgebiet der Stadt zu spiegeln.
Nachdem das Theater von jedem/r einzelnen BesucherIn weiß, woher er/sie kommt, existiert diese Analyse. Wenn aber bestimmte Milieus nicht ins Theater gehen, ist das kein Versagen des Theaters sondern der Bildungssysteme.
DAZ: Das Theater soll sich Gedanken zu seinem Referenzrahmen machen?
Motzko: Natürlich! Jedes Theater muss einen “Referenzrahmen” bestimmen. Ich nenne das einfacher “Einzugsgebiet”. Das muss man kennen und sich darauf beziehen. Leider ist es vielen Theatern wichtiger, im Feuilleton großer überregionaler Zeitungen oder in der Theater-Fachöffentlichkeit besprochen zu werden. Da kann ich aber auch beruhigen: Wer einen solchen Weg geht, wird auch in der Theaterwelt eine große Aufmerksamkeit genießen. Die Neugier ist überall groß, wie man es schafft, gerade die Bevölkerungsgruppen zu erreichen, für die Theater immer fremd geblieben ist.
“Vor allem aber fehlt eine Auftrags- und Zieldefinition!”
Referenzrahmen.
Aha.
Das ist aber was anderes als „Einzugsgebiet“.
Referenzrahmen wäre z. B. „Brecht“, „Industriekultur“, „Friedensstadt“.

Tja, man schafft es vielleicht, indem man Schüler am Wandertag in den Zoo oder zum Bowling schickt, aber zudem mindestens einmal im Monat zu Musiktheater-, Ballett-, Konzertaufführungen und zu Schauspielen mitnimmt.
DAZ: „Es kann nicht sein, dass 100% der Bevölkerung öffentliche Einrichtungen finanzieren, die dann nur von einem Bruchteil genutzt werden. Kultureinrichtungen müssen auch Beiträge zu Problemlösungen erbringen. Sie müssen die Menschen mit anderen kulturellen Wurzeln, Hoffnungen und Ausdrucksformen erreichen und einbeziehen. Und wenn sie sich auf einzelne Zielgruppen beschränken wollen, einverstanden, aber dann muss das mit der örtlichen Politik auch öffentlich abgestimmt werden.”  Sie bezogen sich dabei auf die Stadtbücherei. Gilt das auch für das Theater?
Motzko: Ja, selbstverständlich. Das gilt für alle Bereiche, die mit öffentlichen Steuermitteln aller Bürger finanziert werden. Warum beansprucht die Kultur hier eine besondere Rolle? Die meisten Kultureinrichtungen müssen ja noch nicht einmal die Struktur ihres Publikums für den Geschäftsbericht offenlegen. Wenn die allgemeine Auslastung einigermaßen erreicht wird, reicht das meist schon. Selbst wenn sie mit dem zugewiesen Geld nicht auskommen wird nachfinanziert. Das ist ein Skandal.
Diese Meldung ist zum Kotzen asozial.
Nein. Bei mir hat’s noch nie gebrannt, und trotzdem zahle ich die Feuerwehr mit.
Ich bin so gut wie nie krank und zahle dennoch dauernd und massiv Versicherungsgebühren. Übrigens nutzen evtl. 30% der Stadtbevölkerung öffentliche Bibliotheken, wenn’s wahr ist.

Kultureinrichtungen können zu nichts verpflichtet werden, aber sie können eingebunden werden. André Bücker wäre dumm, wenn er nicht genuin augsburgische Themen neben allgemein gültigen spielen würde.

Ein Skandal ist, ausgerechnet der kommunalen Kultur Misswirtschaft vorzuhalten.
DAZ: In Augsburg ist das Normalität. Langsam findet aber auch hier ein Umdenkungsprozess statt.
Motzko: Vor allem aber fehlt eine Auftrags- und Zieldefinition!
DAZ: Ist es nicht zu gefährlich, wenn sich die lokale Kulturpolitik, die in Augsburg bestenfalls konservative „Visionen“ pflegt, der Intendanz in den Spielplan reinreden darf? Wie halten Sie es mit der Freiheit der Kunst und bitte: Erklären Sie uns Ihre Vorstellung von “Auftrags- und Zieldefinition”.
Das Umdenken findet dergestalt statt, dass immer mehr Menschen mit Schrecken feststellen, dass ein Bürgerbegehren im Umlauf ist, dass GAR KEIN Theater will!

Beispiele „konservativer“ Kulturpolitik:
1. Lab 30 – Festival elektronischer Kunst
2. Interkultur – Teil der Definition des Umweltreferats
3. Kultur als vierte Dimension der Nachhaltigkeit (neu neben Ökologie, Ökonomie und Soziales)
Motzko: Die Freiheit der Kunst bezieht sich auf die künstlerischen Ausdrucksformen, kreativen Methoden und Umsetzungsformen. Das muss die Profession der Kunst- und Kultureinrichtungen bleiben. Da will ich gar nicht das “Mitreden” anderer. Wenn überhaupt, passiert aber genau das, wenn eine Inszenierung den bürgerlichen Anstand - was immer das ist – verletzt. Dann gibt es Protest. Wenn Schauspieler nackt über die Bühne flitzen oder ein Schwein auf der Bühne geschlachtet wird, ist die Empörung groß.
also doch!?




Nackte: ok. Schweine schlachten auf der Bühne? no go.

Ist irgendwie nicht auf der gleichen Ebene?
Wenn ein Theater aber nur 3% der Bevölkerung erreicht, scheint das niemanden zu stören. Darum geht es nicht nur mir, sondern zunehmend mehr Häusern: Es müssen Zielvorgaben zur Struktur des Publikums her und das Theater muss sich in die großen Diskussion der Zukunft der Städte unter den Bedingungen des demografischen Wandels einklinken. Und das Theater hat Aufgaben in der kulturellen Bildung zu erfüllen. Diese genauer zu definieren und in Kooperation mit anderen Einrichtungen der Bildungs- Sozial- und Arbeitsmarktpolitik vor Ort umzusetzen, das kann ich als ideeller Steuerzahler und so gesehen als “Eigentümer” von Kunst- und Kultureinrichtungen schon verlangen. Mit welchen künstlerischen Ausdrucksformen das Theater dann agiert und experimentiert, da mische ich mich nicht ein. Das ist die “Freiheit der Kunst”.
Nein und wiederum nochmal Nein: Als Steuerzahler kann ich und Herr Motzko und Herr Zagler eben nicht vorgeben, dass und wie sich Theater einmischt. Die genannten Probleme können thematisiert werden, aber nicht ausschließlich. Es wird und muss auch Themen geben, die auf neue Ideen und andere Sachverhalte hinweisen, die zum Querdenken anregen und nicht im Saft der Tageszeitungsdebatte schmoren.

Im Übrigen müssen die Probleme der Welt nicht von Schauspielern und Musikern gelöst werden, sondern von Politikern und engagierten Bürgern.
DAZ: Geben Sie bitte unseren Lesern ein konkretes Beispiel!?
Motzko: Das Schauspielhaus Bochum verpflichtet seine Schauspieler, einen bestimmten Teil ihrer Arbeitszeit mit Produktionen der Bürger vor Ort - meist schwierige Jugendliche - in den Stadtteilen zu verbringen. Wer das dann nicht will, muss eben woanders hingehen.
“Ob das Theater ein Drei-Sparten-Haus unbedingt braucht, überlasse ich dem Theater.”
Was heißt da verpflichten? Wenn es eine speziell angelegte Produktion gibt, die mit „schwierigen Jugendlichen“ arbeitet, dann muss da nichts verpflichtet werden, sondern das läuft einfach. Und übrigens, „schwierige Jugendliche“ sind nicht durch das Theater schwierig geworden, sondern durch fehlende Leistungen im Bildungs- und Integrationsbereich
DAZ: Mal abgesehen von der Frage, ob das den Jugendlichen in Bochum wirklich weiter hilft: Taugt das Theater als förderfähige Kunst in Ihrem Sinne überhaupt noch? Besser gefragt: Kann ein Drei-Sparten-Haus mit Ballett, Oper und Schauspiel im Global-Village und dessen Entsprechung im Web die Interessen und Probleme einer vielkulturellen Stadtgesellschaft abbilden?
Motzko: Ob das Theater ein Drei-Sparten-Haus unbedingt braucht, überlasse ich dem Theater. Das gehört in die Freiheit der künstlerischen Ausdrucksformen. Ich habe da persönlich manche Zweifel, vor allem wenn ich die rasante Ausbreitung von Online-Formen der Kunst und Kultur in den Blick nehme. Aber das überlasse ich der “Freiheit der Kunst”. Das Theater kann aus meiner Sicht aber nicht argumentieren, dass es nun mal keine Alternativen dazu gibt. Natürlich geht es auch mit einer Sparte. Und eigentlich ist die vierte Sparte, die “virtuelle Welt” längst unverzichtbar geworden. Tanz, Musik und Schauspiel sind traditionell bewährte Formen der künstlerischen Ausdrucksformen. Das muss aber nicht heißen, dass es immer so bleiben muss. Unabhängig davon ließe sich das einzeln auch alles einkaufen. Und warum wird eine Theaterproduktion in Augsburg eigentlich nicht “live” im Internet übertragen?
Gegenbeispiel: Operndorf Afrika in der Nähe von Ouagadougou, der Hauptstadt von Burkina Faso. Christoph Schlingensief plante und baute dort mit Architekt Francis Keré tatsächlich einen Ort mit Schule, Krankenstation, Wohnhäusern und eben einem Opernhaus. Zwar aus Lehm und Holz, aber eben für Musiktheater und Tanz. Also?

Ja, es geht auch mit einer Sparte. Aber in Großstädten reicht das halt nicht. Bzw. spielen z.B. in Augsburg schon allein mindestens 10 Theater und Orchester „eine Sparte“. Aber nur eines kann Oper/Musiktheater in hoher Qualität.

Kann man schon machen. Aber „live“ ist es dann nicht mehr, sondern allerhöchstens „simultan“.
Übrigens läuft schon in jeder Produktion irgendein Film, ein Video oder sonst was virtuelles. Motzko sollte vielleicht mal ins Theater gehen...
DAZ: Weil sich das Theater darum nicht kümmert. Glauben Sie wirklich, dass man damit ein anderes Milieu für das Theater gewinnen könnte?
Motzko: Man soll nicht glauben, dass die bisher nicht erreichten Milieus nur darauf warten, ins Theater eingeladen zu werden und dann auch gleich Abonnenten werden. Das braucht einen langen Atem und verlässliche und ernst gemeinte Programmanteile. Aber warum soll es nicht möglich sein, für die neuen Milieus feste Programmplätze einzurichten, die sich dann mit dem bisherigen „Premierenpublikum“ beziehungsweise den jetzigen Abonnenten nicht ins Gehege kommen.
Hä? Warum könnten sich bestimmte Leute ins Gehege kommen? Weil sie sich dann fetzen, oder was?

Wie kann man nur eine solche chauvinistische Meinung von der Gesellschaft haben?

Und was spricht gegen Abonnenten? Will Motzko die loshaben?
DAZ: Entschuldigung! „Feste Programmplätze“, die sich mit dem „Premierenpublikum“ nicht ins Gehege kommen? Das verstehe ich nicht.
Motzko: Freitags oder samstags ab 0:00 Uhr. Aber regelmäßig! Und langfristig könnte sich das mischen, dann wäre das Aussterben des jetzigen Abonnentenpublikums auch keine so große Gefahr mehr. Die Rentner von morgen sind die 68er Generationen, die “APO-Opas”. Da steht sowieso eine Revolution in den Rentnergenerationen an.
Na, vielleicht wäre eine regelmäßige Motz-Stunde um Mitternacht für 68er Bürgerbegehrer heilsam?

uahaha! Die APO-Opas zetteln gerade ihre letzte Revolution an!
DAZ: Sie arbeiten also darauf hin, dass Sie, wenn Sie in Rente gehen, ein Theater vorfinden, in das Sie auch gehen könnten?
Motzko (lacht): Mit den angesprochenen festen Programmplätzen gäbe es Zeitfenster und Programmprofile, die bisher sowieso nicht genutzt werden. Das dürfte niemanden der „Alteingesessenen“ stören, es gäbe milieuspezifische Angebote, die Auslastung steigt und man könnte gegenseitig voneinander lernen und gegenseitig „Frequenzbringer“ sein. Aber ich höre schon die Bedenken: „Unsere Techniker und Hausmeister sind dann im Urlaub“… „Die Versicherungsfragen sind nicht geklärt“ … „Was passiert, wenn was kaputt geht?“ - Das sind alles Killerphrasen. Wer das wirklich will, wird zu jeder Einzelfrage Lösungen finden.
Wenn das die Lösung ist, na dann. Was muss dann groß rumdiskutiert werden und muss ein Bürgerbegehren gestartet werden, wenn ein paar feste Programmplätze DIE Lösung sind?
Und was kommt da? Disco? Video? Porno? Mordio?
DAZ: Gibt es das bereits irgendwo?
Motzko: Ich kenne kein Beispiel. Hochkultur und Breitenkultur bauen und zementieren - manchmal auch gegenseitig - Demarkationslinien. Warum nicht in Augsburg mit einem neuen Theater neu beginnen?
“Vergnügungsgärtlein einer kleinen Oberschicht”
DAZ: Ich denke, dass für ein dergestalt aufregendes Stadttheater unser kleines Städtchen eben zu klein ist, München zu nah und das Umland zu lahm. Das Augsburger Stadttheater war und ist ein „Vergnügungsgärtlein“ für eine bildungsorientierte Schicht. Daran ändern im Großen und Ganzen diverse Ausreißer wie „Die Weber“ oder „Rap for Peace“ wenig. Aber: Ist es denn so falsch, das zu pflegen und fortzuführen, was in einer globalisierten und beschleunigten Welt sonst möglicherweise verschwinden würde?
Ja so ein Schwachsinn! Motzko hat nicht die Bohne Einblick in die Gemengelage von Hoch-, Spitzen-, Pop-, Sub-, Avantgarde-, Breiten-, Massen-  und Interkultur, um das Spektrum etwas genauer zu beleuchten. Wer heute noch immer zwischen U und E unterschiedet, ist von vorgestern.

Das kleine Städtchen steht an 23. Stelle von 80 deutschen Städten über 100.000 Einwohnern und lieht in einem Ballungsraum von 400.000 Einwohnern. Als Stadtentwicklungs- und Regionalplaner würde sich Zagler kaum eignen.
"Warum nicht in Augsburg mit einem neuen Theater neu beginnen?"
Motzko: Das eine schließt das andere nicht aus. Das “Vergnügungsgärtlein” einer kleinen Oberschicht dominiert leider mit großem Abstand die Spielpläne der Theater. Da geht es dann fast immer um die gleiche Botschaft: “Geld allein macht nicht glücklich”. “Aber es beruhigt ungemein”, sagt dann der Volksmund, der nicht genug hat. Und meidet das Theater.

Das Theater muss aufpassen, dass es nicht mit der kleinen Oberschicht des traditionellen Bürgertums zusammen ausstirbt wenn es ihm nicht gelingt, breitere Bevölkerungsgruppen zu erreichen.
Der Trend ist genau andersherum: Schauspiel, Musiktheater, Konzert und Tanztheater erfreuen sich wachsender Beliebtheit  - wahrscheinlich wegen der sonst nur virtuellen, auf TV-Monitoren, Laptops und Smartphone-Screens erhältlichen Kunst.
Dazu gehört neben den Stücken selbst vor allem eine andere Aura des gesamten Theaterbetriebs: Weg von der Sekt- und Champagnerkultur mit weißen Tischdeckchen hin zu den vielfältigen Alltagskulturen der Bevölkerung. Eine Sanierung des Theaters ist dazu eine einmalige Gelegenheit. Man muss das nur wollen.
DAZ: Sie sind ein Fan von Shermin Langhoff ?
Motzko: Ich kann da meine Hoffnung nur stichwortartig ausdrücken - und die ist natürlich auch mit der Person Shermin Langhoff bestimmt begründet:


• Es werden neue Stücke in den Spielplan aufgenommen, die thematisch und von den künstlerischen Ausdrucksformen her die heutige (und visionär zukünftig mögliche) Alltagskultur in den Blick nimmt und Visionen einer zukünftigen Stadtgesellschaft thematisiert.
• Die Struktur des erreichten Publikums wird systematisch analysiert und für die strategische Entwicklung des Theaters ausgewertet.
• Die “Aura” des gesamten Theaters wird der neuen Ausrichtung angepasst von der Garderobe über das Catering bis hin zu den Vorverkaufsstellen, der Kasse, den Vertriebswegen, der Öffentlichkeitsarbeit und vor allem dem Personal.
• Das Theater kooperiert systematisch mit Einrichtungen der Stadtgesellschaft, organisiert entsprechende Diskurse und übernimmt eigene Aufgaben in der kulturellen Bildung,
• und es kommt mit dem zur Verfügung stehenden Etat klar.
DAZ: Herr Motzko, vielen Dank für das Gespräch.
·            Diese Aufnahme ist Wasser in den Fluss geschüttet: Es wurden schon immer aktuelle und auf aktuelle Themen rekurrierende Werke inszeniert. Aber es müssen auch historische Werke präsentiert werden, die aber ebenso damals aktuelle Themen verhandeln, die an Aktualität aber nichts eingebüßt haben.
·            Per engerer Zusammenarbeit mit den Schulen kann hier mehr erreicht werden. Dazu muss aber das Bildungssystem massiv verändert werden.
·            Die Aura des Theaters ist genau das, was nicht alltäglich ist, und genau das Nicht-Alltägliche ist es was das Theater besonders macht.
·            Geschieht alles schon. Und (s.o.) Aufgaben der kulturellen Bildung kann das Theater nur übernehmen, wenn die Voraussetzungen im Bildungssystem stimmen.
·            Da kommt es eben darauf an, was einer Stadt die Kultur/Kunst wert ist...