Samstag, 30. April 2016

Theatermodern-Mai-2016

Theater Augsburg















THEATERMODERN

seit Anfang April 2016 sammelt eine Gruppe in Form eines Bürgerbegehrens Unterschriften gegen die Sanierung des Theaters, was das Ende des Theaterstandorts Augsburg bedeutete, würde es zu einem Entscheid kommen.

Hier finden sich Entgegnungen auf Texte der Bürgerbegehrer bzw. aus deren Umfeld.
Die Totschlagargumente der Gegner sind:

  • "zu teuer, kein Geld, Stadt ist pleite".
    • "Die Stadt" hat gar kein Geld, es ist immer das Geld der Bürger. Zur Grundversorgung des Menschen gehört das Soziale, die Bildung, die intakte Umwelt und die Kultur. Auf keines davon kann verzichtet werden. Die Bürger müssen & können sich das leisten, sonst bringen sie ihre Existenz in Gefahr.
  • "Denkmalschutz ist übertrieben, Brandschutz ist übertrieben, es gäbe billigere Lösungen, etc."
    • Alle diese Behauptungen wurden von Einzelpersonen aufgeworfen, die im Vergleich zu den tatsächlich Involvierten nicht die geringste Ahnung haben. In allen Fachbereichen sind Experten in Mehrfachbesetzungen aktiv. Z.B. ist es vermessen der Feuerwehr oder der Denkmalschutzbehörde Kompetenzen abzustreiten.
  • "Das Theater der Zukunft müsse mehr in die Stadtteile gehen, brauche kein so großes Orchester, würde besser mit En-Suite- oder Semi-Stagione-Systemen fahren, weil weniger aufwändig".
    • Alle Wünsche, die sowohl von den Bürgern, die an den Partizipationsabenden teilnahmen, wie auch von den Bürgerbegehrern ausgesprochen wurden, sind in Summe unvereinbar: En-Suite-Betriebe, also banal Gastspiele verhindern eine genuin augsburgische Dramaturgie des Repertoires und verhindern zudem die integrative Mitwirkung von Laien- oder semiprofessionellen Darstellern aus der urbanen Szene.
  • "Die Guckkastenbühne mit Orchestergraben ist nicht mehr zeitgemäß, der Schnürboden und die Untermaschinerie ebenfalls".
    • Wenn man auf das Repertoire vor 1910 verzichten will, ja. Das aber wäre ein Verrat an der Geschichte. Alle Gegenwartskunst hat ihre Vorbilder und Voraussetzungen in der Historie  und unsere Kulturgeschichte wird auch in Opern, Schauspielen und Symphonien vor 1910 erzählt. Dieses Kulturgut gilt es ebenso zu schützen, wie den Denkmalwert des Großen Hauses.



Warum die Sanierungskritiker und die Stadt bei der Theatersanierung keine gute Figur abgeben
Von Siegfried Zagler
Kommentar Christian Z. Müller
„Die Augsburger waren immer stolz auf ihr Stadttheater; um so größer war die Betrübnis, als es 1944 völlig ausgebrannt war; sie waren aber nicht hoffnungslos. Als das Notwendigste zum Wiederaufbau der Stadt geschehen war, regten sich Stimmen, zeigte sich der Wille, öffneten sich die Hände für den Bau auch des Stadttheaters. (…) Das Werk ist getan in Gemeinschaftsarbeit, als Ausdruck des Gemeinsinns, des Gemeinschaftsgefühls. Alle Schichten der Gesellschaft finden sich in diesem Hause echt Augsburger Pracht zum gegenseitigen Gruße, der auch die Seelen zusammenführen möge.“ So Oberbürgermeister Dr. Klaus Müller in der Festschrift des Theaters zur Wiedereröffnung im Jahre 1956.
Ein gewisser Dr. Karl Ganzer erklärte in der gleichen Publikation die „Wiederherstellung“ des Theaters als Notwendigkeit für eine gesellschaftliche Klammer. Die Wiederherstellung des Theaters „geschah in erster Linie nicht aus Gründen der äußeren Repräsentation und um im Kreise wohlfundierter Gemeinden ein Wort mitreden zu können, sondern in dem richtigen Gefühl, daß keine andere Institution des kulturellen und kommunalen Lebens dem vitalen Bedürfnis des heutigen Menschen mehr entgegenkommt als das Theater“, so Ganzer, der das Dilemma des modernen Menschen in der Differenz zwischen Individualisierung und Vergesellschaftung verortete. „Das Theater entreißt das Individuum der Vereinsamung und dem drohenden Kollektivismus, es zwingt den Einzelmensch zu persönlicher Auseinandersetzung mit den bewegenden Fragen der Zeit; stärker und unmittelbarer als Film und Fernsehen.“
…blubber…

Herr Zagler, wer soll den Sermon denn lesen? Geht’s nicht knackiger, kürzer?
































gähn !
Sollte es tatsächlich zu der im Raum stehenden Sanierung des Großen Hauses für 113 Millionen Euro kommen, könnte der dann im Amt befindliche Augsburger Oberbürgermeister 2023 oder 2024 - oder noch ein wenig später, wer weiß das bei einem Projekt dieser Größenordnung schon genau? - den Text dieser Festschrift zur vierten Eröffnung des Augsburger Theaters eins zu eins übernehmen.
dito
Das Theater als Anker der Menschheit, als Klammer, die eine immer stärker auseinanderdriftende Gesellschaft in ihren Verästelungen noch als eine Gesellschaft beschreibt, als letztes Lagerfeuer einer Stadtgesellschaft, die in ihrer Diversität immer schwerer zu verstehen ist: In den vergangenen knapp 60 Jahren hat sich im gesellschaftlichen Sinn zwar fast alles verändert,
So schaut es aus, wenn man Geschichte nur noch als dumpfe Erinnerung abheftet. Tatsächlich ist jede Gesellschaft divers und verästelt. Und von Auseinanderdriften kann gar keine Rede sein. Vielmehr wächst durch Globalisierung die Menschheit zusammen und erkennt wenigstens langsam, dass sie genau nur eine Erde hat. Per Internet werden Informationen schneller und überhaupt ausgetauscht, so dass Kontinent-übergreifend Themen verhandelt werden.
der romantische Blick auf das Theater und die damit zusammenhängenden Sonntagsreden blieben aber auf wundersame Weise erhalten – ganz so, als wären die Theater unantastbare Kirchen oder dramatisierende wie unersetzliche Museen der europäischen Geistesgeschichte. Diese in Deutschland intensiv verankerte Erhöhung einer Kultureinrichtung hat für die Fortführung einer Stadtgesellschaft eine Konsequenz,
typische Zagler-Behauptung. Die Avantgarde des Theaters während Fluxus und Situationismus, mit Dekonstruktion und Aktivisten-Theater wird erst gar nicht erwähnt, um dann zu behaupten, dass hier noch immer „romantisches“ läuft. Als sei der Auftritt von leibhaftigen Personen, Musikern und Tänzern an Stelle von vielleicht Videos (oder was bitte?) schon allein „romantisch“.
In Deutschland ist nicht nur das Theater eine herausragende Kultur, sondern alle Kunstsparten erfreuen sich starken Interesses: Die Literatur angesichts des Buchhandel-Standorts Nr. 1, die Kunst angesichts der dokumenta Kassel und der Art Cologne, die Neue Musik angesichts nicht nur der Donaueschinger Musiktage, die Architektur angesichts der in Deutschland virulenten Ideen des Neuen Bauens (Operndorf Afrika, Muck Petzet, Daniel Fuhrhop, etc., siehe z.B. Zeitschrift Arch+) und die elektronische Kunst angesichts des ZKM Karlsruhe. Es lassen sich unzählige weitere Beispiele finden.
die in Augsburg in den Stillstand des Selbstbetrugs führte. Die raffinierteste Form des Selbstbetrugs besteht nämlich darin, dass er zwar als Betrug an der gesamten Gesellschaft vollzogen wird, von dieser aber als etwas Notwendiges goutiert wird.  Ein Betrug, der als solcher nur erkannt wird, wenn man sich von den systemischen Sprachspielen der Selbstbetrüger und Betrüger abwendet und sich zum Beispiel dafür interessiert, wie in “hinterwäldlerischen Metropolen” wie in Paris, London, Madrid oder New York (u.v.m.) Theater gespielt und öffentlich finanziert wird.
Wenn die Investition in Kultur, die finanzielle Unterstützung aller Kunstsparten und dabei die Promotion randständiger Bereiche, wie etwa Neue Musik, Tanz, Formen experimenteller Kunst, etc. als Betrug bezeichnet wird, dann verdreht Zagler hier eine weltweit erfolgreiche Kunst-Situation ins Gegenteil.
Dass die genannten Städte allesamt nicht nur EIN Theater haben, unterschlägt der Herr Zagler. Ob die Bespielungs-Formen der genannten Theater (in Metropolen) für Städte wie Augsburg passen, wird erst gar nicht untersucht. Vielleicht ist ja nicht unbedingt gut, was die Masse gut findet?
Der Betrug besteht darin, dass sich ein Stadttheater im Gegensatz zu anderen öffentlichen Einrichtungen (Museen, Bilbliotheken, Universitäten oder Schulen) kaum auf einen gesellschaftlichen Vertrag festlegen lässt, der über die Freiheit der Kunst hinausgeht. Dass also eine Stadtgesellschaft in ihr Stadttheater viel investiert und viel zu wenig zurück bekommt, darin besteht das Betrugssystem. Was aber bleibt als Leistung eines Stadttheaters für eine städtische Gesamtgesellschaft übrig, wenn man eine gehobene Form der Abendunterhaltung abzieht, von der sich eine kleine gesellschaftliche Schicht angezogen fühlt?
Selten so einen Quatsch gelesen.
Über die Freiheit der Kunst HINAUS kann gar nichts gehen, sondern eher hinter die Freiheit der Kunst zurückfallen, wie so gut wie alle kulturwirtschaftlich arbeitenden Institutionen, etwa die Filmindustrie oder die Games-Ökonomie. Dass Universitäten und Bibliotheken einen Bildungsauftrag in erster Linie zu erfüllen haben, wohingegen Museen wie auch die Theater sehr wohl die Freiheit der Kunst als oberstes Gebot ansehen, kann Herr Zagler nicht erkennen.
Zwischen der Freiheit der Kunst, die er am Theater kritisiert und den Unterhaltungsformen, die er dann auch plötzlich ausschließlich im Theater findet, sind Welten. Hier widerspricht sich der Autor nicht mehr nur im Satz, sondern schon bald Wort für Wort. Diese Flut an unhaltbaren Behauptungen ist es fast nicht wert, kommentiert zu werden. Theaterwissenschaftler bekommen da Blutergüsse vor lauter Schenkelklopfer.
Am 1. April 2016 hat sich nun eine Handvoll Bürger in Augsburg dazu aufgeschwungen, gegen eine kostspielige Generalsanierung des Augsburger Stadttheaters ein Bürgerbegehren ins Feld zu führen. Eine Sanierung, die dazu führt, das “Betrugssystem Stadttheater” tiefer denn je in die kulturelle Infrastruktur der Stadt zu verschleifen. - Die Rede ist von der 189 Millionen-Gesamtsanierung des Augsburger Stadttheaters, die seitens der Stadt immer noch als alternativloser Prozess dargestellt wird und als finale Lösung in den Köpfen der Stadtregierung und der Theaterszene herumspukt.
Gemäß dem Motto, zuerst die Sache madig machen, und dann noch das Totschlagargument „zu teuer“ hinterher zu werfen, wird man hier nicht überzeugt, sondern es wird dem Leser etwas untergeschoben.
Die Sanierung kostet die Stadt nach der aktuellen Kostenschätzung ca. 91 Mio € (incl. Interim + Archäologie). In der Tat alternativlos ist das Bauvolumen, wenn man ein Vier-Sparten-Theater möchte und den Denkmalschutz respektieren muss, weil schlicht (und zum Glück) Gesetz.
Und die Rede ist von den Sanierungskritikern, die mithilfe ihres Bürgerbegehrens versuchen, die Sanierungspläne der Stadtregierung zu stoppen. Die Rede ist also von jenen sechs Kulturbürgern, die vor einem Monat ihr Bürgerbegehren mit einer scheinbar griffigen Frage (”Sind sie dafür, dass die Stadt Augsburg die Sanierung des Theaters trotz angespannter Haushaltslage über Neuverschuldung finanziert?”) auf den Weg brachten. Kurt Idrizovic, Angelika Lippert, Peter Bommas, Franz Fischer, Dr. Helmut Gier und Rudolf Reisch geben allerdings in der Sache eine schlechte Figur ab.

Erstens sind sie nicht in der Lage, kaum sind sie im operativen Bereich gefordert, sich an das Transparenzgebot zu halten, das sie selbst von der Stadtregierung eingefordert hatten: Die Zahl der bisher gesammelten Unterschriften wird auch nach vier Wochen wie ein Staatsgeheimnis geheim gehalten. Ein Umstand, der die Vermutung nahe legt, dass es nicht gut mit der Unterschriftenaquise läuft.

Zweitens sind ihre inhaltlichen Ausführungen bezüglich ihrer Ziele, falls das Begehren gewinnen sollte, äußerst diffus und widersprüchlich
Das Bürgerbegehren lässt gar keine Verschuldung für egal was für ein Theater zu. Wird der Satz umgesetzt, hat Augsburg kein städtisches Theater mehr.
und drittens zielt ihre Fragestellung lediglich auf die Sanierung, nicht aber auf die Neubauten ab, während sie in ihrer Begründung aber die Zahlen für das Gesamtprogramm (Sanierung plus Neubauten) anführen.

Das ist irreführend, weshalb der Stadtrat wohl keine großen Probleme haben sollte, will er es darauf ankommen lassen, das Begehren formaljuristisch auszuhebeln.
…was ja hoffen lässt…
Nicht weniger irreführend ist die Skandalisierungsrhetorik der Bürgerinitiative, die sich “Initiative kulturelle Stadtentwicklung Augsburg” nennt:
50% davon stimmen: die „Initiative Augsburg“. Von den anderen 50%, also „Stadtentwicklung“ und sogar „kulturell“ sind sie meilenweit entfernt.
Darauf zu bestehen, dass die Brechtbühne nicht abgerissen werden soll, ist nicht viel mehr als Populismus. Die Brechtbühne taugt längst nicht mehr als Zankapfel. Dass sie viel zu teuer dorthin gebaut wurde, wo sie jetzt im Weg steht, ist der Skandal, nicht der Abriss dieser Beton-Schachtel, in der die Hälfte des Publikums schlecht sieht und die in keinster Weise einem Schauspielhaus einer Stadt der Größenordnung Augsburgs entspricht. Die Brechtbühne ist zusammen mit dem CFS das beste Beispiel dafür, was herauskommt, wenn die Stadt nach Gusto ihrer Mieter plant. Die Initiative fordert, dass in Augsburg endlich ein kulturpolitischer Diskurs über die Zukunft des Theaters stattfinden soll und bläst dabei eine Kröte auf, die zu schlucken niemand bereit sein kann. Die Brechtbühne, die untrennbar mit dem Namen “Votteler” verbunden ist, kann man auch nicht zu 70 Prozent wieder verwenden, wie Intendantin Votteler in einem Interview aus dem hohlen Bauch heraus behauptete. Sie ist schlicht ein einziger Fehler, ein Irrtum und ein Irrläufer, eine banale Bühne ohne Aura, die so schnell wie möglich durch ein richtiges Schauspielhaus ersetzt werden muss.
Die Brechtbühne ist das Ergebnis des Wadlbeißers Dr. Ulrich Peters, der als Intendant keine Sekunde ausließ, ein Schauspielhaus zu fordern „Hier entsteht das Schaupielhaus“ war lange auf großem Transparent vermittelt. Dass es erst gebaut wurde, als Votteler längst Intendantin war, ist dem geschuldet, dass manche Mühlen langsam mahlen.

Die Brechtbühne wird abgerissen, aber ganz viele Bauteile, wie Haustechnik, Beleuchtung, Bühnentechnik und Tribüne können wiederverwendet werden. Das sollte sich Herr Zagler mal vom Projektleiter erklären lassen.

Außerdem ist das die Chance, das Gaswerkareal mit einer ersten fixen Nutzung zu versehen, dem weitere endlich folgen können.
Die Initiatoren des Bürgerbegehrens haben sich darüber hinaus von Flashmobs des Theaters und den Sticheleien einer aufgekratzten Bürgerwehr aufs Glatteis führen lassen, indem sie sich zu inhaltlichen Konzepten zum System Stadttheater hinreißen ließen. Das gehört nicht zu ihrem selbstformulierten Auftrag. Die Initiatoren sind zunächst “nur” Bürger, die behaupten, ein Bürgerbegehren mit einer einfach definierten Fragestellung durchzuführen, die - so Franz Fischer kürzlich im Bayerischen Rundfunk - noch vor den Sommerferien mit 11.000 Unterschriften in einen Bürgerentscheid umgewandelt werden soll. Ihre Fragestellung zwingt die Initiatoren dazu, die Sanierungspläne der Stadt und die Finanzpolitik der Stadt in Frage zu stellen,
Genau: Mit der Fragestellung haben sich die „Bürgerbegehrer“ ins Knie geschossen, weil sie erstens nur über Verschuldung entscheiden lassen wollen, und zweitens damit über Inhalte gar nicht mehr reden wollen und können. Für Letzteres müssten sie ihr Bürgerbegehren stoppen.
nicht über die Zukunft des Theaters zu räsonnieren. Auf dem von der Augsburger Allgemeinen großflächig beworbenen “AZ-Forum”, das live vom regionalen Fernsehsender am 11. Mai übertragen werden soll, diskutieren auf Seite der Sanierungsbefürworter Kulturreferent Thomas Weitzel und Theaterintendatin Juliane Votteler. Diese Besetzung hätten die Sanierungskritiker nicht akzeptieren dürfen. Ihre Gegner sind nicht TheJAter-Sprecher, sondern Finanzreferentin Eva Weber oder Oberbürgermeister Kurt Gribl und Baureferent Gerd Merkle, die Stadtspitze eben, die für den Finanzkurs der Stadt einzustehen hat. Juliane Votteler ist eine Vertreterin einer Theaterleitung aus dem vergangenen Jahrhundert und ohnehin in wenigen Monaten Geschichte. Thomas Weitzel gilt als eloquenter Vollstrecker einer politischen Willensbildung, an der er als parteiloser Referent kaum Teilhabe und Einfluss hat.
Wenn es exakt nur um die Fragestellung ginge, wären tatsächlich die Finanzpolitiker der Stadt wie genannt gefragt.
Da aber das Ausgeben von Geld für Kultur und speziell für Theater im Raum steht, müssen eben auch Kulturpolitiker und –macher erklären, warum das eine lohnende Investition ist.
Daher wäre eine ganz andere Konstellation nötig, damit Bürger nicht wieder nur halbe Sachen vorgesetzt bekommen:
Kulturreferent plus Baureferent plus Finanzreferentin contra ein Vertreter der Opposition, um den Proporz zu wahren. Sodann ein Vertreter des Bürgerbegehrens und ein Vertreter der freien Pro-Szene. Sodann eventuell noch die amtierende Intendantin und ein Vertreter der freien Szene. Das könnte in dem Fall auch Bommas sein, damit die Künstler paritätisch besetzt sind.
72 Millionen Euro Neuverschuldung der Stadt Augsburg für die Sanierung des Stadttheaters! - Wie soll das eine Stadt stemmen, die jedes Jahr die Sanierung der Schwimmbäder verschiebt, weil dafür das Geld fehlt? Wie soll das eine Stadt stemmen, deren Straßen in einem Zustand sind, der sich kaum von den Zuständen in Warschau und anderen osteuropäischen Städten unterscheidet? Wie soll das eine Stadt stemmen, der bereits bei ihrem Jahrhundertprojekt “Innenstadtumbau” das Geld ausging? (Weshalb das Kernstück dieser “Jahrhundertmaßnahme”, nämlich die städtebauliche “Versprechung Fuggerboulevard”, der vom Königsplatz zum Theater führen sollte, auf unbestimmte Zeit verschoben wurde.) Wie soll das eine Stadt stemmen, deren Stadtregierung sich sogar vor den Folgekosten eines UNESCO-Welterbetitels fürchtet und wie soll das eine Stadt stemmen, die ein Sozialticket verspricht, es nach großen Startschwierigkeiten einführt, um es wieder abzuschaffen, da die Kosten zu hoch sind? (Eine weitere schwere Niederlage der SPD übrigens, die das Sozialticket als Bedingung und Erfolg ihrer Regierungsteilhabe darstellte.) Wie soll das eine Stadt stemmen, die - trotz gegenteiliger Wahlversprechungen der CSU - die Steuern erhöhen muss, damit sie ihre maroden Brücken sanieren kann? Wie soll das eine Stadt stemmen, die es kaum schafft, ihre Brunnen und Kinderspielplätze zu pflegen? Eine Stadt, die nicht nur ihr Theatergebäude verkommen ließ, sondern auch ihre Schulen und sich dabei ewig vor einer Sanierung drückte. Wie soll das eine Stadt stemmen, der die Kosten ihrer Altenhilfe davon laufen? Und schließlich: Wie soll das eine Stadt stemmen, deren aktueller Schuldenstand von 340 Millionen Euro im Vergleich zu ihrer Finanzkraft gewaltig erscheint?
Die Schwimmbäder (ich kenne als Mitglied des SV Delphin Spickelbad, Gögginger Hallenbad, Stadtbad, Familienbad und Haunstetter Hallenbad) sind im Gegensatz zum Theater in einem vertretbaren Zustand ohne Brandschutzprobleme und ohne kritische hygienische Zustände.
Die Straßen z. B. in Warschau sind aus eigener Anschauung (Sommer 2015) und Nutzung in erstklassigem Zustand. Hier zeigt sich eine gewisse Osteuropa-Feindlichkeit des Herrn Zagler? Oh-oh.
Und wenn ausgerechnet Straßen gegen Kultur aufgerechnet werden, dann ist das keine wirklich progressive Haltung.

Das Kernstück der Maßnahme ist die Mobilitätsdrehscheibe mit in erster Linie dem Umbau des Hauptbahnhofs, in zweiter Linie dem Neubau des Haltestellendreiecks am Kö und danach der Erstellung des Fuggerboulevards, dem nur noch ein paar Bäume und Gehwegplatten fehlen, aber keine Hochbauten.
Eine Stadt muss all die genannten Dinge stemmen. Sie darf aber nicht die Kultur an letzte Stelle setzen, sondern ausgleichend finanzieren. Und hier hat das Theater am längsten gewartet. An den Schulen wird derzeit massiv saniert.
Im Zusammenhang mit den sozialen Problemen der Stadt, der Wohnungsnot und den sanitären Notständen in den Schulen und in den Sportstätten der Vereine erscheint die Theaterpolitik der Stadt nicht realistisch, sondern dekadent. Das ist der politische Stoff, aus dem das Bürgerbegehren besteht. Wie in Augsburg das Theater der Zukunft aussehen wird, sollten die Sanierungskritiker zunächst dem neuen Intendanten Andre Bücker überlassen.
Soziales, Bildung, Sport und Straßenbau sind dem Herrn Zagler wichtiger als Kultur. Eine typische 68er-Haltung, mit Geruch nach alten Socken.
Doch längst hat sich die Stadt mit der Kultur eine vierte Nachhaltigkeits-Dimension gegeben, die bedeutet, dass das Weglassen der Investition in Kultur auch die anderen Bereiche beschädigt, weil ein, wenn nicht DER wesentliche Grund des Daseins das Kunstschaffen sein könnte, und damit überlebensnotwendig.
“Nachdem das Theater aus dem Großen Haus ausgezogen ist, wird ein völlig anderes Theater wieder einziehen. Wir wollen Menschen erreichen, die heute noch nicht wissen, dass sie morgen ins Theater gehen”, so Bücker auf einer Veranstaltung der Stadt. Bücker sieht bei dem Bürgerbegehren zwar die Gefahr, dass das Augsburger Stadttheater beschädigt wird, erklärt aber nicht näher, was denn beim Augsburger Stadttheater noch beschädigt werden könne. Auf der gleichen Veranstaltung hielt Ivo Kuyl, Dramaturg aus Brüssel, ein einstündiges Referat, in dem Kuyl sehr detailliert einen Transformationsprozess eines klassischen Stadttheaters in ein Bürgertheater mit anderen künstlerischen Ansprüchen, anderen Inhalten und völlig anderen Produktionsprozessen beschrieb. Dabei handelte es sich um einen Transformationsprozess eines einst klassischen bürgerlichen Theaters in die Gesellschaft hinein. Vielleicht hätten die Ausführungen des Herrn Kuyl für die notwendigen Kompentenzaneignungsprozesse der Sanierungskritiker einen Quantensprung bedeutet, wäre nur einer dabei gewesen.
Herr Bücker hat die Chance erkannt, die das Agieren im Gaswerk und anderswo bietet: Das experimentelle Spielen in Stadtteilen auf niedrigem raumtechnischen Niveau. Opern gehen da wahrscheinlich schlecht, weshalb das Orchester in den nächsten Jahren ebenfalls Neuland erkunden muss, und mehr Nur-Musik aufführen wird.
Die Ideen des Herrn Kuyl sind unter Theatermachern längst in aller Munde. Seine Vorstellungen einer Durchmischung von Profis und Laiendarstellern sind doch nicht wirklich neu. Man kann das alles machen, aber die Aufführung historischer Kunst, also des Repertoires  muss dennoch gewährleistet sein.
Und nochmal: En-Suite-Gastspiele verhindern das interkulturelle und interprofessionelle Bürgertheater.
Kurt Gribl zog 2008 aus einer Fachkanzlei für Baurecht aus, um Oberbürgermeister der Stadt Augsburg zu werden. Er tat das, wie er im Wahlkampf 2014 öfters sagte, um die Stadt Augsburg aus dem Jammertal herauszuführen und um den Augsburgern ihren Stolz wieder zu geben. Große ökonomische Fischzüge sind Kurt Gribl in seiner Amtzeit allerdings noch nicht gelungen. Den Niedergang des Weltbildverlages konnte er als einfacher Oberbürgermeister natürlich ebenso wenig verhindern wie die Auftragseinbrüche bei MAN und Osram. Die freigeschaufelten Gewerbeflächen im Süden der Stadt (Innovationspark/Technologiepark) haben bisher wenig gezündet. Neue Ansiedlungen großer Firmen, die Arbeitsplätze und eine Erhöhung der Gewerbesteuereinnahmen bedeutet hätten, blieben bisher aus. Die Umsetzung “Uniklinik Augsburg” ist ein langer, ruhiger Fluss.
blabla
Kurt Gribls Gestaltungspolitik ist Schuldenpolitik. Die 50 Millionen Euro Neuverschuldung, die die Stadtregierung unter OB Kurt Gribl 2011 unternahm, wurde noch mit rigiden Sparmaßnahmen des damaligen Finanzreferenten Hermann Weber quittiert. Sechs Millionen Euro hätten die Referate pro Jahr einsparen sollen, was unterlaufen wurde. Die Neuverschuldung damals wurde als Chance begriffen, die Stadt zusammen mit den Konjunkturförderpaketen der Bundesregierung insgesamt fortzuführen. Viele Millionen wurden in die Kongresshalle gesteckt, in die Sanierung der Schulen und viele Millionen waren auch für die Sanierung der Schwimmbäder vorgesehen, eine Sanierung allerdings, die schwer ins Stottern geriet. Nun sollen weitere 72 Millionen Euro Schulden aufgenommen werden - für ein einziges Projekt, das nicht als Investitionsprojekt zu verstehen ist, sondern im Gegenteil weiter dafür sorgen wird, dass der städtische Haushalt in den kommenden 25 Jahren mit zirka 20 Millionen Euro pro Jahr belastet wird. Ein städtbaulicher Zugewinn ist nicht zu erwarten, ein kultureller Mehrwert auch nicht: Das Theater läuft einfach weiter - wie bisher.
Nochmal zum Mitrechnen: 20 Mio € geteilt durch 25 Jahre geteilt durch 150.000 Steuerzahler macht summa summarum: 5,33 € pro Jahr und pro Steuerbürger
Diesen lächerlichen Geldbetrag vergönnt der Herr Zagler dem Theater nicht? Peinlich-kleinlich!
Warum aber kein kultureller Mehrwert entstehen soll, ist trotz oder gerade wegen des seitenlangen blabla wieder nicht klar geworden. Es hängt halt doch von den Menschen ab, die hinterher ins Theatergebäude wieder einziehen, und sich ihr Bauwerk, dann einer Großstadt angemessenem Kulturzentrum zu eigen machen. Jede irgendwie geartete Theateridee, egal ob von Kuyl, von Motzke, von Goebbels, von Schlingensief, von wem auch immer gedacht, wird sich dort realisieren lassen.
Wenn eine Stadt so wirtschaftet, wie die Stadt Augsburg unter OB Gribl, muss sie damit rechnen, dass in nicht allzu ferner Zukunft eine atemberaubende Haushaltskonsolidierung ansteht, wie sie derzeit die 300.000 Einwohner-Stadt Karlsruhe unternimmt. Dabei geht es um ein Gesamtsumme von über 180 Millionen Euro. Die Beschlussvorlage zur Karlsruher Haushaltskonsolidierung sieht 304 Einzelmaßnahmen vor. Greifen sollen die Maßnahmen ab 2017 bis einschließlich 2022. Ziel ist es, die Ausgaben um 84 Millionen zu reduzieren und die Einnahmen um 101 Millionen zu steigern. Damit soll der in Schieflage geratene Haushalt der Stadt Karlsruhe repariert werden. Verzichtet wird auch nicht auf einschneidende Kürzungen im Theaterbereich, darunter befindet sich auch das Badische Staatstheater mit zirka 5,5 Millionen Euro Einsparssumme, die Intendant Peter Spuhler wohl nur mittels Kündigungen “einspielen” kann. Die Stadt Karlsruhe ist in Sachen Theater im Vergleich zu Augsburg ausgesprochen priviligiert, da sie für ihr Staatstheater nur 50 Prozent der laufenden Betriebskosten begleichen muss. Die andere Hälfte bezahlt das Land Baden Württemberg. Wenn der Haushalt der Stadt Karlsruhe saniert ist, läuft die auf 125 Millionen Euro geschätzte Sanierung des Staatstheaters bereits auf vollen Touren. Eine Sanierung übrigens, der ein Architektenwettbewerb vorausging, der mit großem Interesse von der Karlsruher Bürgerschaft verfolgt wurde.
Hinter der Karlsruher Theatersanierung steht neben dem funktionalen Kalkül immerhin eine ästhetische Vision. In Augsburg stehen hinter der Theatersanierung Schulden und zukünftige Finanznot. Die Stadt Augsburg, die eine 187-Millionen-teure-Sanierung ihres Stadttheaters als eine notwendige Brandschutzmaßnahme, als eine statische Ertüchtigung und als eine Maßnahme zur Barrierefreiheit und als eine Maßnahme zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Theaterangestellten verkauft, muss sich nicht wundern, wenn sie damit bei der Bürgerschaft kaum punkten kann.
Das Staatstheater der zweitgrößten baden-württembergischen Stadt Karlsruhe ist ein NICHT denkmalgeschützter Solitär üppig umgeben von Freiraum. Die Sanierung muss hier nicht Platznot und Denkmalschutz bei gleichzeitigem Bestandserhalt berücksichtigen, sondern kann frei Schnauze hinten und vorne und oben was dran und drauf bauen. Eine solche Transformation verändert die Gestaltung des Objekts total. Deshalb ist hier der Fokus auf Design wesentlicher, als der auf Nutzung, die sowieso Platz hat. Somit nicht im Mindesten vergleichbar mit der Augsburger Aufgabe. Der Augsburger Neubau ist zu 70 % an andere Fassaden angebaut, und deshalb formal vordefiniert.

Ob Delugan Meissl die Sache wuppen, wird man sehen, Herzog & De Meuron sind an der Kostensteigerung in Hamburg jedenfalls beteiligt.

Zagler möchte hier bewusst die Architekten und Designer aufstacheln, denen er unterstellt, dass sie unbedingt „was Modernes“ wollen. Nun, die vielen Großprojekte, das ständige „höher, schneller, weiter“, und so manche Luxussanierung haben genau diese Ambitionen gebremst. Es geht nun doch auch um Funktionalität bei stimmiger Architektur. Das muss man unbedingt nicht von Stararchitekten bekommen.
Eckdaten zur Generalinstandsetzung des Theaters Augsburg. Stand: Februar 2015 (nicht übernommen, siehe Originalartikel DAZ)
Zur Kostenübersicht: Diese Aufstellung – typisch für die Phase 2 Kostenschätzung – basiert auf der Kostengruppensystematik. In der Regel haben Architekten immer um eine Kommastelle genauere Angaben untersucht, um gröbere Werte sicher herausgeben zu können.




I Die Software / Siegfried Zagler

Während sich die großen philharmonischen Orchester und Bühnen wie in Berlin, München, Stuttgart, Madrid, Paris, Wien, Mailand und Frankfurt als qualitiativ hochkarätige Kultureinrichtungen im Bewusstsein der europäischen Gesellschaften verfestigt haben - und somit den Status des Unverzichtbaren erreicht haben,
Re: Christian Z. Müller

In der Aufzählung fehlen in Deutschland unter den großen auf jeden Fall: Dresden, Leipzig, Hamburg, Bayreuth, Baden-Baden, Köln, etc., insgesamt mindestens  100 Mehr-Sparten-Theater bzw. Opernhäuser. Und in Europa darüber hinaus mindestens ebenfalls 100 herausragende Opernhäuser.
Und: Opernhäuser gibt es auch in Istanbul, Damaskus, Amman, Kairo etc. Überraschend?
befinden sich die bundesdeutschen Stadttheatersysteme in einem fortlaufenden Prozess der Hinterfragung. Für Letztgenanntes sind zwei Gründe anzuführen: Erstens leiden die Kommunen immer stärker an chronischen Finanzproblemen und zweitens befindet sich die Theaterkunst der Stadttheater in einer Relevanzfalle.
Auf der einen Seite müssen sie die kulinarischen Bedürfnisse des Abonnentenpublikums und der (in dieser Hinsicht) anspruchsvollen Umlandbevölkerung bedienen. Auf der anderen Seite sollen sie zum Zusammenhalt der Stadtgesellschaften beitragen und bei der Integration des Fremden mithelfen.
hinterfragt wird nicht das System, sondern die Stellung innerhalb der Künste und gegenüber den anderen Bildmedien.
Das Finanzproblem kann aber nicht den Kommunen überlassen und angelastet werden. Denn über 80% wohnen in Städten, somit müssen auch Finanzmittel dahin zurückfließen.
Relevanzfalle??? Zum einen hat das Theater kein Relevanzproblem, und keineswegs sitzt es in der Falle, sondern bietet Schätze.
Doch damit nicht genug: Selbstverständlich sollten sie auch die kritische Reflexion der real existierenden Gesellschaft betreiben - und dabei ästhetisch anspruchsvolle Geschichten erzählen. Die Stadttheater sollten für die Arbeiterklasse den Ausgang aus ihrer unverschuldeten Unmündigkeit finden und für die Klein- und Bildungsbürger die „weltfremden“ Versprechungen der Religionen ersetzen. Dabei sind sie - wen wundert’s? - in Bausch und Bogen gescheitert.
Natürlich sollen und können sie die realen Verwerfungen reflektieren, und sie sind auch in gewissem Maße ein Religionsersatz. Aber wenn eine Institution daran gescheitert ist, die Religion zu ersetzen, dann ist es nicht die Kunst, die den Anspruch wahrscheinlich nie hatte, sondern die Wissenschaft, somit die Universitäten.
Die deutschen Stadttheater sind mit ihren kulinarischen Konzepten und mit ihren selbstformulierten Aufklärungsansprüchen aber nicht nur an der eigenen Selbsterhöhung gescheitert, sondern schlicht am “Lauf der Zeit”, da in zeitgenössischen Gesellschaften die staatlichen Bildungsanstalten längst keine Brücken mehr zu den Theatern bauen. Die selbstgefälligen Qualitätsbehauptungen der Stadttheatersysteme und der Glaube des kleinstädtischen Publikums an diese Qualitätsformulierungen sind im Zusammenspiel mit den lokalen Feuilletons eine Art Nibelungenschwur gegen die unbarmherzige Kraft der Gegenwart geworden. Eine Gegenwart, die sich längst nicht mehr an den ästhetischen Entwicklungen und an den Geschichten auf den Theaterbühnen reibt.
Die Gegenwart reibt sich genauso an Live-Aufführungen, an Ausstellungen, Performances, Installationen, also an den Festen der herkömmlichen Bildenden und Darstellenden Künsten, wie sie sich an den Clicks, Cuts, Screenshots, Videos, der Computer-Internet-Games-Szene aufgeilt. Trotz allem Geunke, dass Bücher aussterben – der Buchhandel floriert. Trotz Smartphones, I-Pads, Laptops, Instagram, Whatsapp – die Malerei ist das Genre auf der Art Cologne und der Art Basel. Trotz Youtube, Vimeo & Co – Live-Musik schlägt alle in den Bann.
Eine einschichtigere Sicht kann man gar nicht haben.
Die Bedeutungshoheit der subventionierten kleinstädtischen Repräsentationsbühnen hat sich in den vergangenen 20 Jahren pulverisiert. Mit einem Besuch in einem herkömmlichen Stadttheater ist längst nicht viel mehr als ein bescheidener Unterhaltungsanspruch verbunden. Popkonzerte, Filmkunst und andere Kunstformate sind für 95 Prozent der deutschen Stadtbewohner längst nicht mehr niederschwelliger als die Darbietungen in einem ortsansässigen Stadttheater. Das war in den achtziger und sogar noch in den neunziger Jahren anders. Ein Theaterabend war einmal etwas Besonderes, ein Bühnenschauspieler ein Star und ein Intendant ein funkenspeiender Götterbote, der die Nöte des Alltags milderte, indem er den Menschen die Wahrheit der Welt erklärte. Die Kritiker der Feuilletons stellten in diesem Hochglanzkunstsystem die Vertreter der Menschheit dar, und selbstverständlich waren darunter zahlreiche Päpste anzutreffen.
Weder eine Be- noch eine -deutungshoheit hat es in den vergangenen 20 Jahren in Bezug auf die Stadttheater nicht gegeben. Film und Fernsehen, wie auch Internet bilden schon seit den 60er Jahren eine starke Konkurrenz.

Einmal mehr frei erfundene Thesen.
Die Zeiten, als von Sophokles, Shakespeare und Brecht Impulse ausgingen, die von der Bühne in die Gesellschaft hineinwirkten, sind vergangen. Die Fortsetzung der Antike ist vorbei, die gesellschaftliche Relevanz der Theater ist Geschichte.
Die Gesellschaften der Kleinstädte sind für Impulse dieser Art ohnehin relativ immun gewesen, weshalb die kleinen Stadttheater heute stärker denn je dazu tendieren, frei nach Büchner, die Pflege der Langeweile zu perfektionieren. Dabei handelt es sich um eine systemrelevante Funktion, deren Mechanik darin besteht, dem Publikum zu zeigen, dass alles in Ordnung ist, dass die Welt nicht außer Rand und Band ist, solange es in “sein” Theater gehen kann.
Wer behauptet, dass die Ideen Sophokles’, Shakespeares und Brechts keine Impulse mehr liefern würden, hat keinen blassen Schimmer von Philosophie und lastet dieses Unverständnis auch noch den Bühnen an.

„Die Antike ist vorbei“. Solche Wendungen hatten vor über 100 Jahren die Moderne eingeleitet, mit „Ornament als Verbrechen“. Heute sind diese Phrasen so dermaßen angestaubt, dass man den Mund vor lauter Gähnen nicht mehr zubekommt.
Auch wenn die Welt nicht in Ordnung ist, so muss die Gesellschaft nicht den Tag lang im Beichtstuhl oder an der Klagemauer verbringen, sondern darf auch – neben dem Genuss Popkonzerten und Filmkunst – sich im Theater inspirieren lassen.
Die Immunität der Gesellschaften ist eine weitere unbewiesene Behauptung und eine Art Publikumsbeschimpfung obendrein.
Diese unausgesprochene Vereinbarung wird von den Theatern und ihrem Publikum verteidigt, als fände auf den Bühnen dieser Einrichtungen etwas Elementares, etwas für die Fortführung der Gesellschaft Wichtiges statt. Die Pflege der Theaterkunst ist ein kleinbürgerlicher Fetisch geworden.
Natürlich muss man die Theaterkunst, egal ob Fetisch oder staatstragend, verteidigen, und zwar nicht gegen das belanglose Geschreibsel des Zaglers, sondern gegen die Banalität der Video-Games-Iphone-TVSerien-Flut.
Egal, wie tiefschürfend oder revolutionär ein Theaterstück gerät, die Resonanz einer Live-Aufführung kann allemal mithalten mit irgendwelchen Pixeln auf Screens.
Wer diesen Fetisch fundamental in Frage stellt, muss mit starken Mob-Allianzen rechnen, deren Instrumente innerhalb der kleinbürgerlichen Kaste sehr wirksam sind: Verächtlichmachung, Verbannung und sogar lebensbedrohliche Angriffe auf die wirtschaftliche Existenz, wie es der Sprecher der Augsburger Sanierungskritiker erfahren musste: Buchhändler Kurt Idrizovic schien nach einer Woche Laufzeit “seines” Bürgerbegehrens, das sich gegen eine Neuverschuldung für die Theatersanierung richtet, dergestalt sturmreif geschossen, dass er in einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen bei einer geringeren Neuverschuldung Verhandlungsbereitschaft signalisierte.
Mob? Hier benutzt Zagler genau die Schimpfwörter, die er den Theaterleuten unterstellt, als sie, auf Grund des Bürgerbegehrens, das das Theater komplett in Frage stellt, einen der Verantwortlichen zur unerwünschte Person erklärten. Irgendwie verständlich, dass ein Ladenbesitzer einen Kunden hinausbefördert, der lautstark diesen Laden mies macht und seine Schließung fordert.
Jenseits dieser geschlossenen Kreisläufe sieht die Welt anders aus. In den vergangenen 15 Jahren hat das Augsburger Stadttheater für die Fortführung der Stadt Augsburg nicht viel mehr geleistet als ein Kino, ein Museum oder ein Zoo. Hat keine Spuren, kein geistiges Muster in die Stadt gelegt, dem es zu folgen lohnt, hat weder einen moralischen Imperativ gesetzt noch eine humanistische Matrix gelegt, an der sich eine von der Globalisierung vereinahmte Stadtgesellschaft hätte orientieren oder distanzieren können.
Während der Ära Votteler war das Theater mehr mit sich selbst beschäftigt als mit allem anderen. Irreparable Verwerfungen und Streitexzesse standen lange Zeit auf der Tagesordnung. Nicht wenige Künstler der obersten Etage verließen fluchtartig das Haus oder mussten es verlassen.
Was zum Teufel bedeutet „Fortführung der Stadt Augsburg“. Stadtentwicklung? Wachstum? Innovation?
Bestimmt hat die DAZ unheimlich zum Fortbestand und zur Blüte der Stadt Augsburg beigetragen, jedenfalls mindestens soviel wie der Zoo, wenn auch nur ein Zagler im Stall iert ist.
Dass weder von den Ensembles und den Stücken noch von dem Wissen und der Kunstfertigkeiten der Regisseure und Theaterleiter Impulse ausgehen, die eine Stadt und ihre Gesellschaft fortführen könnten, hat in der Welt der Wissenschaften und der Künste zu einer gewissen Gleichgültigkeit und Skepsis gegenüber der Theaterkunst geführt.
Abermals unausgegorene Behauptungen. Zagler hat anscheinend niemals von Schlingensief, Marthaler, Schleef, Freyer, Wilson, etc. gehört
Der Skepsis folgt die Politik, wenn sie sich aus der Gleichgültigkeit zu lösen versteht, insbesondere die Kommunalpolitik, die den laufenden Theaterbetrieben immer mehr Sparmaßnahmen abringt oder dem Freistaat vorwirft, dass er “ihr” Theater nicht angemessen fördert, wie zum Beispiel einer der beiden Augsburger SPD-Abgeordneten im Bayerischen Landtag. Harald Güller will herausgefunden haben, dass dem Augsburger Stadttheater mehr Fördergelder (vier Millionen Euro) für den laufenden Betrieb zustehen würden. Dem Augsburger Stadttheater mit seinen 371 Beschäftigen reichen nämlich zirka 24 Millionen Euro „Subventionszulage“, davon zirka 15 Millionen aus dem Augsburger Stadtsäckel, nicht zum Leben, nicht zum Sterben, während die Stadt Augsburg sich diese Beträge für den normalen Betriebsunterhalt ihres Stadttheaters jedes Jahr aufs Neue unter großen Schmerzen aus dem mageren Fleisch ihres Haushaltes schneidet.
2% Kulturhaushalt ist ganz klar zu wenig. Insbesondere im Vergleich zu den anderen „weichen“ Referaten Soziales, Bildung und Umwelt. 5 % sollten es schon sein, jedoch niemals auf Kosten der genannten anderen Referate.
Das interne Strukturproblem der “Software Theaterbetrieb” ist nicht weniger gravierend: Zirka 90 Prozent der Zuschüsse werden von den „nichtkünstlerischen Angestellten“ des Stadttheatersystems aufgebraucht, weil sie nach Tarif des öffentlichen Dienstes bezahlt werden. Das System frisst die Kunst, statt sie zu fördern. Ein weiteres Strukturproblem stellen die Gehaltsdifferenzen auf der Künstlerebene dar, die weder mit Lohnabstandsgeboten noch mit üblichen Gehaltsdifferenzen beruflicher Standards zu rechtfertigen sind. Es gibt wohl kaum eine andere “Staatsfirma”, die ihre Existenz mit einem gesellschaftlichen Auftrag rechtfertigt, aber zugleich Gehaltsscheren abbildet, die an feudalistische Strukturen erinnern - wie das bei den deutschen Stadttheatern der Fall ist. Schauspieler bekommen im Schnitt in etwa 2.500 Euro brutto im Monat. Intendanten verdienen nicht selten das zehnfache. Hospitanten und Praktikanten, ohne die die Theater nach eigener Einschätzung schließen müssten, arbeiten in der Regel ohne Bezahlung, was nichts daran ändert, dass das personalintensive Theaterbetriebswesen kostensenkend nicht geführt werden kann.
An der Produktion eines Filmes sind noch wesentlich mehr Leute beteiligt, die als „nichtkünstlerisch“ gelten können. Dennoch ist Kreativität oder Fachwissen in und auf allen Positionen gefragt. Auch bei der Planung und Ausführung eines Bauwerks sind viele „nichtkünstlerische“ Leistungen unabdingbar.

Gesamtkunstwerke, wie Film, Theater, Konzert oder Bauwerk erfordern mehr als nur den einen Starkünstler zur Verwirklichung der Aufgabe. Doch auch große bildende Künstler betreiben ganze Werkstätten zur Schaffung ihrer Objekte. Die künstlerische Idee hat hier nur genau einer, die Ausführung besorget ein ganzes Heer aus Handwerkern, Helfern und Machern.

Während also die Kosten für den normalen Theaterbetrieb jährlich zunehmen, nimmt die Relevanz der Stadttheaterkunst ab - und somit auch die Akzeptanz der Schmerzen, die die Kosten bereiten. Die Stadttheater stehen vor einer grundlegenden Neustrukturierung. Drückt sich die Politik davor, implodiert mittelfristig das gesamte System. Ein System, das Subventionen zu 90 Prozent zum Systemerhalt verwendet, verliert dauerhaft Anspruch auf Förderung. Von Theaterleitern, die wie Fürsten agieren, ist keine Reformhilfe zu erwarten. Vom Theaterpublikum und den lokalen Feuilletons noch viel weniger.
Die Kosten nehmen nur deshalb zu, weil eine dermaßen marode Haustechnik in verrottender Substanz jahrzehntelang ausgehalten wurden und Wartungs-, Instandsetzungs-, und Energiekosten sich auftürmen. Ein wesentlicher Grund der Sanierung: Moderne, zeitgemäße, aufeinander abgestimmte, effiziente Haus- und Bühnentechnik kann bis zu 80 % der Kosten einsparen.
Zum Begriff „Subventionen“ ist R. v. Weizsäckers Zitat erschöpfend: „... Kultur kostet Geld. Sie kostet Geld vor allem auch deshalb, weil der Zugang zu ihr nicht in erster Linie durch einen privat gefüllten Geldbeutel bestimmt sein darf. ... dass Kultur nicht etwas sein darf, was die öffentlichen Hände nach Belieben betreiben oder auch lassen dürfen. Substanziell hat die Förderung von Kulturellem nicht weniger eine Pflichtaufgabe der öffentlichen Haushalte zu sein als zum Beispiel der Straßenbau, die öffentliche Sicherheit oder die Finanzierung der Gehälter im öffentlichen Dienst. Es ist grotesk, dass wir Ausgaben im kulturellen Bereich zumeist "Subventionen" nennen, während kein Mensch auf die Idee käme, die Ausgaben für ein Bahnhofsgebäude oder einen Spielplatz als Subventionen zu bezeichnen. Der Ausdruck lenkt uns in die falsche Richtung. Denn Kultur ist kein Luxus, den wir uns leisten oder auch streichen können, sondern der geistige Boden, der unsere eigentliche innere Überlebensfähigkeit sichert.“
Weshalb es sich um einen mächtigen Fehler der Stadt Augsburg handelt, wenn sie bei der anstehenden Generalsanierung auf die vermeintliche Durchsetzungskompetenz der Theaterleitung und auf deren Schwurgemeinschaften baut. Die Stadt und deren Kulturpolitiker inklusive Kulturreferent Thomas Weitzel haben sich noch kein Jota damit auseinandergesetzt, wie sich die “Software Theaterbetrieb” programmieren lassen könnte, sodass die Kostenentwicklung überschaubar bleibt und das Stadttheater einen Ausweg aus seiner Relevanzfalle findet. Wäre es anders, hätte man eine Vorentwurfsplanung mit geschätzten Kosten von 235 Millionen Euro einfach zurückgegeben. Besser: Hätte die Augsburger Politik und die städtische Verwaltung ein kritisches Bewusstsein bezüglich der künstlerischen Möglichkeiten ihres “Eigenbetriebs Stadttheater” entwickelt, wäre es zu einer dergestalt kostenintensiven Planung nie gekommen. Eine Planung übrigens, die sich täglich gravierenden Änderungsvorschlägen seitens der Stadtratsfraktionen ausgesetzt sieht.
Doch. Die Kostenentwicklung wird genau durch einen Neubau verändert: Die Investition in Sanierung und Neubau mittels Krediten wird gemildert durch eine gewichtige Minderung der laufenden Ausgaben.

Eine Vorentwurfsplanung von 235 Mio € ist zunächst ein Ergebnis, basierend auf Vorgaben der Bauherrschaft und der Nutzer, sowie auf Tatsachen aus der Bausubstanz, der städtebaulichen Lage und des Denkmalschutzes, sodann auf kompetenten Input der beteiligten Architekten und Fachplaner.
Das die Planung nun bei 187 Mio € liegt, ergibt sich aus dem Wegfall eines kräftigen Puffers, also nicht in der Streichung wesentlicher Bauteile oder Funktionen. Im Übrigen sollte die Zahl 80 Mio € im Raum stehen, da sich der Freistaat an den Kosten massiv – mit mehr als der Hälfte - beteiligt. Angesichts dessen ist das Bürgerbegehren, dass keinerlei Investition zulässt, ein extrem entwicklungsschädliches Vorhaben. Zudem wird ein Erfolg des Bürgerbegehrens, also den damit einhergehenden Verlust des Theaters die Augsburger Stadtgesellschaft anstatt in eine Relevanzfalle in eine Kampfzone treiben, eine Spaltung in Kauf nehmend, dessen vergiftetes Milieu auf Jahre hinaus verheerende wirtschaftliche und gesellschaftliche Folgen haben würde.
Nicht die Planung ist kostenintensiv, sondern das Ergebnis des fast 70-jährigen Sanierungsstaus treibt die Kosten in die Höhe.
Die „Relevanzfalle“ ist in ein geschwätziges Konstrukt. Das sanierte Theater und sein nördlicher Neubau werden als ein Kulturzentrum auftauchen, das genau diese Relevanz stärkt.
Welche Planung nun im Juli in einen Projektbeschluss des Stadtrats gegossen wird, ist derzeit noch völlig offen. Offen ist auch noch die Frage, welche Planungsänderungsvorschläge der dieses Wochenende zu Ende gegangene Bürgerbeteiligungsprozess vorsieht. Das Gleiche gilt für die Kostenfrage, da alle Planungsänderungsvorschläge der Fraktionen zu Kostenminderungen führen sollen.
Nach Informationen der DAZ hatte sich in der vergangenen Woche die Finanzverwaltung sogar mit einem Prüfauftrag der CSU auseinander zu setzen, ob es nicht sinnvoller sei, die Finanzierung über geschlossene Immobilienfonds zu gestalten. Sei es nicht, beantwortete die Verwaltung lapidar und begründete dies mit den Förderregularien des Freistaats. Ob diese Idee damit abgewehrt ist, wird sich zeigen.
Ob Vorschläge aus der Bürgerbeteiligung in Planungsänderungen einfließen, hängt davon ab, wie sinnvoll sie im Verhältnis zum Gesamtkonzept sind, wie einfach sie zu integrieren sind und inwiefern sie kostenneutral sind.
Viele Vorschläge dürften bei den Architekten und Planern nichts Neues sein, denn wer sich schon sein Architekten-Leben lang mit Theaterbauten und unterschiedlichsten Theaterformen auseinandersetzt, der wird mit allen diesen Wassern schon gewaschen sein, und der wird mit den meisten Vorschlägen entweder gerechnet haben, oder sie sowieso längst planerisch integriert haben.




Dr. Helmut Gier:
Marode Spielstätten, teurer laufender Betrieb, schrumpfende künstlerische
Etats, schwindendes Publikumsinteresse, klamme öffentliche Kassen: 
Entgegnung Christian Z. Müller:
marode Spielstätten? kann man sanieren! teurer laufender Betrieb? Teuer im Vergleich wozu? schrumpfende künstlerische Etats? Dagegen braucht es deutschlandweit eine Aufwertung der Kultur und ihrer dafür nötigen Ausgaben! Klamme öffentliche Kassen? dito.
Anforderungen an eine Theatersanierung in Zeiten der Krise

Das deutsche Theater in öffentlicher Trägerschaft ist mit Ausnahme der großen hochsubventionierten Staatstheater wie der Bayerischen Staatsoper in der Krise. Dies gilt insbesondere für die Stadttheater der mittleren Städte, jene von Finanznöten geplagten Städte zwischen rund 200.000 und 300.000 Einwohnern, die nicht das Glück haben, Landeshauptstädte zu sein und deshalb ein Staatstheater besitzen wie
Mainz, Saarbrücken und Wiesbaden oder aus anderen Gründen Standort eines Staatstheaters sind wie Braunschweig, Darmstadt, Karlsruhe und Kassel. Nicht dass bei den kleineren Staatstheatern alles rosig aussehen würde, aber in den Städten, die ein großes Stadttheater unterhalten, wie Aachen, Lübeck. Münster, Wuppertal oder Rostock, von den Ruhrgebietsstädten ganz zu schweigen, flammt angesichts klammer Kassen erst recht immer wieder die Debatte auf, ob und wenn ja in welcher Form, mit wie vielen Sparten, sich die mittleren Städte noch große Theater leisten können.
In der Krise ist nicht das Theater sondern das System der Umverteilung von öffentlichen Einnahmen aus Steuern etc. in Richtung der weichen Referate wie Kultur, Soziales, Umwelt und Bildung zu überprüfen und zu verbessern. Geld ist genügend da. Die weichen Bereiche dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden.

Es geht nicht, darum angesichts (chronisch) klammer Kassen die Kultur dafür zu opfern, sondern mit vereinten Kräften dafür zu sorgen, dass das vorhandene Geld im Kulturbereich (wie auch bei den Nachbarreferaten) landet.
Selbst der Bühnenverein, eigentlich eine Lobbyvereinigung für die Theater, sah sich deshalb genötigt, eine Veröffentlichung herauszubringen 
„Wie geht es weiter mit dem Stadttheater?“
Die Broschüre „Wie geht es weiter mit dem Stadttheater?“ beschäftigt sich hauptsächlich mit der Möglichkeit sinnvoller Theater-Fusionen von sehr nahe beieinander liegenden Städten, also nicht etwa im Abstand Augsburg-München (60km), sondern etwa Krefeld-Mönchengladbach (25km)
Die Initiative Kulturelle Stadtentwicklung Augsburg ist grundsätzlich zunächst nur der bescheidenen Meinung, dass diese Frage geklärt sein sollte, bevor man sich in das Abenteuer einer Sanierung im Umfang von rund 200 Millionen Euro stürzt. Nur die gebetsmühlenartig wiederholte schlichte Aussage „Theater muss sein“ ist als Antwort zu wenig und reicht nicht aus. 

Der Umfang beträgt auf Grund von Zuschüssen 80 Mio. €, nicht 200 Mio. €.
Die Frage wurde mit unterschiedlichsten Beteiligten und nicht erst zur Bürgerbeteiligungswerkstatt geklärt.
Niemand begnügt sich mit dem alleinigen Satz Theater muss sein. Manche hören nur das was sie hören wollen.
Die Gründe für die vielbeschworene Krise sind vielfältig: Bedeutungsverlust des Theaters,
unbewiesene Behauptung, müsste schon seit 100 Jahren, seit aufkommen des Films/Kinos so sein, ist aber falsch.
Rückgang des Bildungsbürgertums,
ist eine schwere Folge des fehlerbehafteten deutschen Bildungssystems, die man mit der Reduzierung von Theateraufführungen nicht noch verschlimmern muss
Konkurrenz durch neue Formen der Abendunterhaltung wie Konzertveranstaltungen mit populärer Musik sowie die Medien wie Film, Fernsehen und Internet,
Ist ebenfalls kein Grund, sich zurückzuziehen, sondern ganz eher, den live-Vorteil auszubauen und zu nutzen. Zumal Internet, Video und Film wunderbar mit Theater kombinierbar sind
geringer Coolnessfaktor,
Coolness ist erst recht keine Fata Morgana, der man blind hinterherlaufen muss, wie überhaupt allem was irgendwie trendy erscheint.
viele neue Spielstätten wie Stadthallen und kleinere Bühnen mit attraktiven Programmen.
Für manche ist jedes Bauerntheater attraktiv aber qualitativ doch meist unter aller Kanone
Festliche Premierenfeiern und Opernbälle können nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Publikumsinteresse am Theater im Vergleich mit den Jahrzehnten nach Nachkriegsende abnimmt. Dies wirkt sich besonders auf das Sprechtheater aus, wo in den letzten zwei Jahrzehnten ein Rückgang um 20% zu verzeichnen war: „Das Schauspiel bekommt die großen Räume nicht mehr voll.“(Ulf Schmidt).
Das Schauspiel ist auch nicht das zentrale Event eines Vier-Sparten-Hauses, sondern die Oper bzw. das Musiktheater.
Nach Film, Fernsehen macht nun auch das Internet den Büchern, Zeitungen und dem Theater Konkurrenz. Wiederum kein Grund, diesem Wettbewerb nicht etwas entgegen zu setzen.
Auch auf die Finanzsituation der Theater wirken sich diese Entwicklungen aus. Dafür genügt ein Blick auf das Verhältnis von Einnahmen und Ausgaben beim Augsburger Stadttheater, denn gerade einmal 5 Millionen von dem Gesamtetat von 27 Millionen Euro tragen die Eintrittsgelder bei, d.h. nicht einmal 20% und ohne die Sonderkonjunktur der Freilichtbühne wäre das Missverhältnis noch krasser. Jede einzelne Eintrittskarte wird so mit über 100 Euro bezuschusst. Von dem jährlichen Defizit von über 22 Millionen Euro muss die Stadt Augsburg allein über 15 Millionen aufbringen, also etwa genau soviel wie die jetzige massive Anhebung der Gewerbe- und Grundsteuer einbringen soll. Ob Stadtgesellschaften wie die Augsburger solche Summen in Zukunft aufbringen können und wollen, sei dahingestellt, vor allem angesichts der Tatsache, dass nur 5 bis 10% der Bevölkerung dieses Angebot überhaupt nutzen.
Ein Stadttheater muss keine kulturwirtschaftliche Bilanz aufbringen, ebenso wie die Bereiche Bildung, Soziales und Umwelt selbstverständlich subventioniert, also gefördert sind.

Ob Stadtgesellschaft diese Summen aufbringen können, steht gar nicht zur Debatte, denn es muss dieses Angebot geben, da sonst die geistige Basis des tatsächlich nur 5% großen Thinktanks abwandert und Augsburg zur Provinzstadt wird, weshalb der Name „Initiative kulturelle Stadtentwicklung“ eher heißen müsste: „Initiative kulturelle Stadtabwicklung“. Wie das Verhältnis von Spitzensport zu Breitensport kann man auch in der Kultur sagen: Hoch- oder Spitzenkultur braucht Breiten- und Subkultur und umgekehrt. Dabei ist von Massenkultur noch gar nicht die Rede.

Es geht nicht um die Anzahl der Besucher, sondern um die Förderung komplexerer Kunstformen, die nicht nur zum Zeitvertreib sondern zur Verarbeitung gesellschaftlicher Probleme existieren. In Augsburg ist hierfür ein gutes Beispiel das Festival „Lab 30“.
Niemand von der Initiative stellt in Frage, dass es in Augsburg weiterhin Theater auf hohem Niveau geben soll, und allen von der Initiative ist bewusst, dass ein solches kulturell anspruchsvolles Theater ohne vergleichsweise hohe Subventionen nicht möglich ist. Dies kann aber nicht jede Form der Geldverschwendung rechtfertigen,

Mit der Frage des Bürgerbegehrens stellt jeder der sechs Initiatoren das Stadttheater überhaupt zur Disposition, denn es wird keinerlei Subvention zugelassen.

Frivole Behauptung: Die Kostenberechnung wird zeigen, dass und wofür das Geld sinnvoll ausgegeben wird.
sondern erlegt den Theater und den dafür Verantwortlichen die Verpflichtung auf, nach Einsparmöglichkeiten zu suchen, gerade dann wenn große Investitionen angesagt sind und damit bauliche Voraussetzungen für einen kostengünstigeren Theaterbetrieb geschaffen werden könnten. Deshalb haben die Mitglieder der Initiative überhaupt kein Verständnis dafür, dass daran kein Gedanke verschwendet wird, sondern die vorliegende Planung sogar zu höheren Folgekosten führen wird.

Die Planung wird auf jeden Fall zu niedrigeren Folgekosten führen, erstens, weil alle technischen Anlagen dann auf dem neuesten Stand sind, und damit höchst energieeffizient, also wesentliche weniger Wartungs- und Energiekosten anfallen. Zweitens, weil keinerlei Miete mehr für irgendwelche Zusatzlagerstätten anfallen. Drittens, weil alle Wege kurz sind, und kein Zeitverlust mehr eintritt, und viertens, weil anzunehmen ist, dass weniger Krankheitsausfälle zu verzeichnen sind, da die Arbeitsbedingungen passen.
Warum stehen Aufwand und Ertrag bei einem Stadttheater wie dem Augsburger in keinem rechten Verhältnis mehr. Zum einen liegt dies an den Sparzwängen, denen die Stadttheater trotz der hohen Subventionen in den letzten Jahrzehnten unterlagen.
Zu einem vollständigen Ausgleich für die Arbeitszeitverkürzungen und Tariferhöhungen kam es nicht.
Aufwand und Ertrag sind Dimensionen der Wirtschaft, aber nicht der Kultur, das sollte ein promovierter Bibliothekar kapiert haben.

Da über Jahrzehnte versäumt wurde, die öffentlichen
Bühnen zu reformieren, geht ein immer höherer Anteil des Budgets in den laufenden Betrieb und das festangestellte Personal, bleibt für Gäste, Regie und Ausstattung immer weniger Geld übrig, die künstlerischen Etats sind geschrumpft. Vor allem aber erfordert die Art und Weise, wie in Deutschland Theater gespielt wird, einen hohen Personal- und damit Finanzbedarf.
Dass der Kulturetat in Augsburg zu niedrig ist, ist ein Problem, das unbedingt zu ändern ist. Das heißt wiederum nicht, dass man sich auch noch damit kasteit, indem man das Theater vollends abschafft.

Der hohe Personalaufwand ist historisch bedingt. Chor, Orchester, Statisten und Handwerker sind für die historischen Opern und z.T. auch für Neuproduktionen nötig, und weil pro Stadt nur einmal, auch unabdingbar.
Hinzu kommt, dass sich bei Häusern mittlerer Größe der Aufwand für eine Inszenierung kaum lohnt, da nach acht oder neun Aufführungen das Stück schon wieder vom Spielplan verschwindet. Merkmale der deutschen Theaterlandschaft sind Mehr-Sparten-Häuser, feste Ensembles, Repertoirebetrieb und das Bestreben, möglichst alles in Eigenleistung zu erbringen.
Durch das Bestreben, alles in Eigenleistung zu erbringen, erzielt man eine hohe Qualität, und ist nicht von Lieferbedingungen und Terminen externer abhängig. Außerdem gibt es genügend Dinge, die outgesourct werden.
Mit diesen kostspieligen Organisationsformen unterscheidet sich das deutsche Theater grundlegend vom Theater der angloamerikanischen und romanischen
Länder. Dort ist der En-suite-Betrieb Normalität, selbst die Pariser Oper hat schon lange aus Kostengründen darauf umgestellt. Werden Stücke nach der Premiere durchgespielt, entfällt der tägliche aufwendige Umbau. Erst ein solcher personal-, platz und energiesparender Spielplan bietet dann wiederum die Möglichkeit, Kooperationen mit anderen Theatern einzugehen und wie in Italien Inszenierungen
auszutauschen, also die Oper von Bologna gastiert mit einem Stück drei Wochen in Parma und dafür die Oper von Parma drei Wochen in Bologna.
Allein solche Veränderungen werden für eine bezahlbare Theaterlandschaft sorgen, die Bewahrung und Konservierung der seit den fünfziger Jahren bestehenden Strukturen wird die Stadttheater in eine Sackgasse führen. Neue Ansätze, neue Konzepte erfordern aber auch ein Umdenken in den baulichen Voraussetzungen. Ein En-suite-Betrieb ist in Augsburg nur möglich, wenn Musik- und Sprechtheater
räumlich getrennt werden, wie dies in allen großen Städte der Fall ist. Wenn sich in einer zentralen Spielstätte Sprech- und Musiktheater abwechseln, ist dies ein sicheres Zeichen für Provinz. Für des zweifelhafte Vergnügen, provinzielle Verhältnisse zu konservieren, sollten nicht hundert Millionen und mehr aufgewendet werden. Sowieso braucht Augsburg kein Haus für das Schauspiel mehr, das größer ist als die Münchner Kammerspiele oder das Theater am Schiffbauerdamm für das Berliner Ensemble. Wird das große Haus dann als reine Musikbühne für fünf oder sechs Operninszenerungen und zwei Ballettaufführungen im En-suite-Betrieb bespielt, genügt eine sehr viel einfachere technische Ausstattung ohne gewaltigen
Bühnenturm und mit weniger Platz. Eine der größten Bühnen der Bundesrepublik wie gegenwärtig benötigt das Augsburger Stadttheater dann sicher nicht mehr, ein Teil dieses Raums könnte anderweitig – für Orchesterproben z.B.? - verwendet werden.
In der Mailänder Scala und in La Fenice in Venedig finden sogar die großen Symphoniekonzerte in den jeweiligen Opernhäusern statt.
Auf jeden Fall müssen bei einer Investition der Größenordnung, wie sie in Augsburg geplant ist, die Organisationsform, die Betriebsabläufe, das Kosten-Nutzen-Verhältnis auf Einsparmöglichkeiten, auf verzichtbare Leistungen und letztlich auf eine zukunftsfähige Struktur hin kritisch durchleuchtet werden. Wenn die Sanierung des großen Hauses in der Form, wie es in den fünfziger Jahren errichtet wurde, aber als alternativlos hingestellt wird, sind alle solche Überlegungen hinfällig und bleibt der Finanzbedarf für eine schwer verschuldete Stadt unermesslich. Die Mitglieder der Initiative Kulturelle Stadtentwicklung Augsburg hingegen sind mit Frank Alva Buecheler der Meinung: „Mehr Theater mit weniger Geld – das geht!“
Der En Suite Betrieb bringt nur gängige Stücke ins Theater, keine Avantgarde und keine je besondere Inszenierung.

Das Durchspielen der Stücke ist für die Mitwirkenden langweilig und während der Pausentage ist das Theater nicht benutzbar.













Musik- und Sprechtheater sind nicht getrennt, sondern vielmehr gibt es zwei Musik- und Sprechtheater, nämlich das Große Haus und die Multifunktionsbühne und dazu noch Experimentierbühnen. Ein Musiktheater kann 200 Mitwirkende benötigen, das Sprechtheater ist oft mit 20 Spielern vollständig.


Das Haus wurde als Opernhaus gebaut und muss in dieser Form erhalten werden. Man kann soviel Opern- und Musiktheaterinszenierungen machen, wie gewünscht, da für das Schauspiel die anderen Bühnen zur Verfügung stehen. Die Ansicht, das für weniger Opern weniger Technik nötig ist, ist eine Milchmädchenrechnung: Selbst nur eine große Oper braucht die technische Möglichkeit der Ober- und Untermaschinerie.

Würde das Orchester proben, wäre im Bühnenbereich kaum etwas zu spielen, da akustisch unlösbar.

Natürlich können im Großen Haus auch Symphoniekonzerte stattfinden, aber eben auch in der Multifunktionshalle oder in der Kongresshalle.

Peinlich, wenn ausgerechnet Künstler der Kunst das Geld verwehren, wie Buecheler. Es geht nicht drum, einzuknicken, sondern zu vermitteln, dass Kulturreduktion zu kultureller Banalisierung und zur Verrohung führt. 
Die Mitglieder der initiative Theatermodern – ja zur Sanierung sind der Meinung: Theater der Zukunft – Theater für alle.